Vor einiger Zeit bat mich eine Freundin um einen Gefallen im Rahmen ihrer Psychotherapie. Ich sollte ihr einen Brief schreiben, in dem ich festhalte, was ich an ihr schätze und warum ich sie gerne zur Freundin habe.
Den Brief hatte ich innerhalb weniger Minuten fertig, weil sie eine der wichtigsten Personen in meinem Leben ist und mir rasch viele Punkte einfielen, wofür ich sie wirklich mag.
Ich freute mich über die Aufgabe, weil es eine gute Gelegenheit war, sie wissen zu lassen, wie (positiv) ich über sie denke. Gleichzeitig fragte ich mich, warum ich nicht von selber darauf gekommen bin.
Warum fallen mir Komplimente so schwer?
Einerseits machte ich bis vor Kurzem eher „lautlose“ Komplimente. Wenn mir bei anderen (egal ob Freunde, Familie oder Fremde) etwas Positives auffiel, formulierte ich das meist still und leise für mich. Ich registrierte angenehme Wesenszüge und Gesten, jedoch schafften es Gedanken dieser positiven Art selten über meine Lippen.
Zudem war mein „erwachsenes Gehirn leider sehr defizitorientiert“, wie Danielle und Katja vom Blog „Das gewünschteste Wunschkind“ es formulieren. „Wir Erwachsenen erkennen schnell Dinge, die nicht rund laufen und ärgern uns darüber. Abläufe jedoch, die Tag für Tag reibungslos funktionieren, registriert unser Gehirn nicht mehr.“
Das traf bei mir vor allem bei meinen Liebsten – bei Thomas und den Kindern – zu. Sie sind großartig und es gibt so vieles, was ich an ihnen schätze. Doch ich sagte es ihnen viel zu selten. Stattdessen fokussierte ich mich zu oft auf die „Probleme“ – die Dinge, die nicht so laufen wie (von mir) gewünscht.
Streitschlichter: Was ich an Dir schätze!
Als Thomas und ich einige Zeit später in eine ausweglose Auseinandersetzung gerieten, entschied ich spontan, dass wir (jeder für sich) zehn Dinge aufschreiben, die wir am anderen mögen. Thomas reagierte perplex, aber folgte meinem Beispiel.
Wir setzten uns – immer noch muffig – auf die Couch und überlegten gründlich, was uns am anderen gefällt. Was wir besonders schätzen. Dann schrieben wir los.
Ich kann euch nur eines sagen. Wenn man sich solche Zeilen im Anschluss an einen Streit gegenseitig vorliest, ist weiteres debattieren schlichtweg unmöglich.
Als Thomas mir gegenüber saß und mit weicher Stimme – und grundehrlich – aufzählte, wofür er mich liebt, ging mir einfach nur das Herz auf. Und die Tränendrüse…
Wertschätzung verbindet
Ich mochte noch nie den inflationären Umgang mit den Worten „Ich liebe Dich“, doch eines ist Fakt: Es wird nie langweilig, liebe Worte zu hören, selbst wenn es dabei ab und an zu inhaltlichen Wiederholungen kommt.
Das gilt für alle Beziehungen in unserem Leben. Insbesondere für die langjährigen, bei denen wir oft das Gefühl haben, dass unser Gegenüber doch wissen sollte wie viel er/ sie uns bedeutet. Vielleicht weiß er/sie es eben nicht! Oder ist sich dessen nicht sicher…
Wenn wir unseren Liebsten hin und wieder mit wertschätzenden Worten mitteilen, wie wichtig sie für uns sind, setzt das bei ihnen (und uns selbst) positive Gefühle frei. Das hebt die Stimmung, steigert das Wohlbefinden und stabilisiert die Beziehung. Aufrichtige Wertschätzung verbindet.
Ein Liebesbrief: Das wohl persönlichste Geschenk
Heute Morgen schickte mir eine andere gute Freundin diesen Link:
Dieser wundervolle Artikel erinnerte mich sofort an die oben beschriebene Streitschlichter-Situation mit Thomas und inspirierte mich, euch mit dem Schreiben anzustecken.
Am Freitag ist ja Valentinstag und bei Instagram habt ihr mir verraten, dass ihr euch eigentlich nichts schenkt. Das kann ich sehr gut verstehen. Ich mag solche fremdbestimmten und festgelegten „Jetzt überreicht euch was! – Tage“ auch nicht. Aber was ich mittlerweile total mag, ist anderen mit Worten eine Freude zu bereiten!
Es bedarf nur wenig Aufwand und Zeit, um einen wertschätzenden Brief zu verfassen. Doch solch eine persönliche Botschaft bewegt den Beschenkten – um Welten mehr, als jedes materielle Geschenk. Warum den Anlass also nicht für eine (kostenlose!) Überraschung nutzen?
Liebe verbreiten und damit die Welt ein bisschen besser machen!
Wir erleben politisch gesehen gerade ziemlich turbulente Zeiten. Viele Menschen sind erschüttert, resigniert und hoffnungslos. Was das mit Liebesbriefen zu tun hat?
Wenn wir es nicht schaffen liebevolle Beziehungen mit unseren Kindern, Ehepartnern, Familien und Nachbarn zu führen – den Fokus von den Dingen, die uns stören auf die, die wir schätzen umzuschwenken – wie können wir dann Frieden auf der Welt erwarten?
Also schnappt euch einen Stift und schreibt Briefe! An eure Kinder, Ehepartner, Familien und Nachbarn. Schreibt auf, was euch verbindet und glücklich macht! Warum ihr diese Menschen schätzt und liebt! Denn DAS hat einen großen und direkten Einfluss auf eure Mitmenschen. Liebevolle Worte bewegen und schaffen Gutes. Und wer Gutes empfängt, gibt sehr wahrscheinlich auch Gutes weiter. Eine einfache, aber sehr wirkungsvolle Möglichkeit eine positive Aufwärtsspirale zu kreieren.
Each of us has a unique part to play in the healing of the world.Marianne Williamson
Wie schreibe ich einen Liebesbrief?
Für alle, die am „Wie?“ scheitern: Es gibt kein Richtig oder Falsch. Keine festen Regeln. Schreibe so wie es dir am besten liegt! So wie es am Leichtesten aus dir herauskommt.
Es müssen keine ellenlangen Wortergüsse sein. Zwei kleine Zeilen als Überraschung in der Brotdose reichen völlig aus!
Dir fällt nichts ein? Erinnere dich an die schönen Momente, die du mit diesem Menschen geteilt hast! Was hast du gefühlt?
Oder erstelle auch eine „Was ich besonders an dir mag! – Liste“. Da reichen auch fünf Punkte oder drei, falls dir mehr Kopfzerbrechen bereitet!
Was auch immer deine Finger auf das Papier bringen möchten, lass sie! Schreib!
Denn es wird deine Welt verändern. Du wirst sehen!
Herzlichst
Kathrin