Stillen im Krankheitsfall

Kathrin Stillen 6 Kommentare

Die letzten zwei Wochen waren ein Desaster. Ich löste am Montag, den 27.09.2012 einen Geburtstagsgutschein gegen eine Thaimassage ein und erhielt die Muskelschmerzen meines Lebens. Mein Körper fühlte sich danach an wie von einem Panzer überrollt. Am nächsten Tag bekam ich unfassbare Kopfschmerzen und Fieber dazu. Irgendetwas stimmte da nicht! Am Wochenende machte mein Körper kurz Pause, dafür hatte unser Mädchen dann hohes Fieber. Zum Sonntag stieg auch meine Temperatur wieder an, so dass wir gemeinsam weiter fieberten. Dienstag bekam unser Mädchen einen Ausschlag im Gesicht, hinter den Ohren beginnend. Ich hoffte inständig, dass es keine Kinderkrankheit ist. „Ein ungefährlicher Fieberausschlag“, so unsere Kinderärztin, „nichts beunruhigendes“. Beunruhigend schätzte ich allerdings ihr Verhalten seit Dienstag ein – obwohl sie kein Fieber mehr hat, klammert sie nur an mir, ist völlig unausgeglichen und schläft soviel wie nie. Der Ausschlag ist fast wieder verschwunden, aber die Alte ist sie noch lange nicht. Mein Fieber ist erst seit gestern weg, aber ich fühle mich noch immer saft- und kraftlos. Es ist erstaunlich wie viel Energie mein Körper aufbringen konnte trotz Krankheit und dabei wollte unser Mädchen so viel wie schon lange nicht mehr gestillt werden.

Kranke Babys essen wenig

Als unser Mädchen wieder anfing auch tagsüber an meiner Brust zu trinken – sie hatte sich schon fast komplett abgestillt am Tage – spürte ich, dass es ihr ernsthaft nicht gut geht. Das Fieber folgte prompt und ich hatte meinen „Beweis“. Sie aß kaum noch etwas, nur ein halbes Träubchen hier und ein mini bisschen Käse da. Von diesen Portiönchen wäre sie niemals satt geworden. Da sie aber wie eine Weltmeisterin stillte, musste ich mich nicht sorgen. Zumindest nicht um ihr Gewicht. Meine Brust reagierte erstaunlicherweise unverzüglich auf ihre Bestellungen und versetzte mich wieder einmal ins Staunen. Der weibliche Körper ist und bleibt ein Wunder.

Weiterstillen wenn das Baby krank ist?

Unbedingt! Wenn Kinder krank sind, brauchen sie in erster Linie Flüssigkeit, Nähe und Trost! All diese Bedürfnisse können durch das Trinken an der Brust optimal gestillt werden. Ein krankes Kind möchte zudem meist öfter stillen als im gesunden Zustand und ist auf diese Weise bestens versorgt. Es in dieser Lebenslage abzustillen bedeutet eine große und völlig unnötige Belastung für Kind UND Mutter.

Sollten Babys z.B. bei verstopfter Nase, Probleme mit dem Trinken haben, kann eine aufrechte Stillposition helfen. Verweigern sie die Brust komplett, kann die Milch mit einem Löffelchen oder aus einem Becher angeboten werden. Im Notfall bitte immer an den Kinderarzt und/oder eine kompetente Stillberaterin wenden.

Kranke Mütter fühlen sich schlapp

Für mich war das Stillen, vor allen in den Nächten in denen ich fieberte, ziemlich anstrengend. Ich wollte ehrlich gesagt nur meine Ruhe und mit meinen ständig wechselnden Schüttelfrost- und Hitzeattacken fertig werden. Unser Mädchen hingegen wollte nur noch mit meiner Brustwarze im Mund schlafen! Mein Rücken tat aber so weh und unsere nächtliche Stillposition (ich auf der Seite liegend, den unteren Arm unterm Kopf eingeklemmt) ist nicht gerade entspannend. Viel unentspannter ist es allerdings ein schreiendes Kind, dem ich die Brust verweigere, durch die Gegend zu schleppen. Liegen, egal wie unbequem, war 1000mal besser für mich als laufen und tragen. Also entschied ich mich für die angenehmere Bürde.

Weiterstillen wenn die Mutter krank ist?

Unbedingt! Nur wenige Erkrankungen, wie Aids, erfordern tatsächlich das Abstillen. Bei gewöhnlichen Infektionskrankheiten, wie Erkältung oder Magen-Darm-Grippe gibt es keinen Grund das Stillen zu unterlassen. Die Versorgung eines Babys oder Kleinkindes ist natürlich anstrengend, wenn es einem selber nicht gut geht. Aber auch hier gilt, dass das Abstillen zu solch einem Zeitpunkt eine zusätzliche Last darstellt und nicht unterschätzt werden darf.

Stillen macht das Kind übrigens nicht krank, denn Krankheitserreger werden durch Hautkontakt und Tröpfcheninfektion übertragen, nicht durch die Muttermilch![1] Dafür bekommt das Baby mit der Milch sofort die frisch produzierten und maßgeschneiderten Antikörper geliefert. Leckere Medizin sozusagen! Um eine Ansteckung zu vermeiden (unser Mädchen hat sicherlich schon vor dem Zeitpunkt, als ich bemerkt habe, dass ich krank bin, Bekanntschaft mit den Krankheitskeimen gemacht), müsste Körperkontakt gänzlich gemieden werden. Das ist unmöglich. Durch die Abwehrstoffe in der Milch allerdings, stecken sich Babys oft gar nicht erst an und selbst wenn sich Stillkinder anstecken, verläuft die Erkrankung meist leichter.[2]

Welche Medikamente?

Gegen das Fieber und die Gliederschmerzen habe ich Paracetamol genommen, da es zwar in die Muttermilch übergeht, aber es keine nennenswerten Hinweise auf Unverträglichkeit gibt. Am Montag war ich dann beim Arzt, weil ich trotz Paracetamol zum Teil unerträgliche Rückenschmerzen hatte. Davon abgesehen, dass er keine Motivation verspürte der Ursache meiner Erkrankung nachzugehen, wies er mich – auf der Suche nach einem geeigneten Schmerzmittel – darauf hin, dass ich meine 15 Monate alte Tochter ja langsam abstillen könne. Nach weiteren 10 Minuten hob er seinen Blick vom Bildschirm und verschrieb mir 2x am Tag Paracetamol 500 wohl wissend, dass ich die bereits genommen habe…

Heute erst weiß ich, dass es noch andere Medikamente gibt, die weder den stillenden Müttern noch den Babys schaden. Nur sind „sich nicht alle Ärzte darüber im klaren – besonders solche, die selten stillende Mütter behandeln.“[3] Gotsch weist im Buch Stillen – einfach nur stillen
der La Leche Liga darauf hin, dem Arzt vorzuschlagen sich mit dem behandelten Kinderarzt zu beraten, da diese die Auswirkungen auf der Medikamente auf gestillte Kinder meist besser kennen.[4]

Auszeit

Krankheit ist nur in Ausnahmefällen ein Grund mit dem Stillen aufzuhören. Viel wichtiger ist es für Ruhe und Entspannung im Krankheitsfall zu sorgen. Erschöpfte Mamas brauchen viel Ruhe! Zum Glück konnte Thomas sich um unser Mädchen kümmern, als ich nur noch liegen konnte. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich Hilfe holen für die Dinge, die lästig sind (Wäsche, Kochen…), aber dringend erledigt werden müssen. Unser Mädchen schlief bis einschließlich heute erfreulicherweise viel. Ich habe mich immer direkt zu ihr gelegt. Meist bin ich ganz erschöpft ebenfalls eingeschlafen, manchmal habe ich mich einfach nur ausgeruht. Das Nichtstun war eine erholsame Kur für Geist und Körper.

 


Footnotes    (↵ returns to text)

  1. La Leche Liga International: Handbuch für stillende Mütter, S. 306.
  2. La Leche Liga International: Handbuch für stillende Mütter, S. 306.
  3. Gotsch, Gwen: Stillen, S. 113.
  4. Gotsch, Gwen: Stillen, S. 113.
Newsletter Kathrin

Ich bin überglücklich, dich auf diesem Wege mit Neuigkeiten und kleinen Aufmerksamkeiten versorgen zu dürfen. Trage dich in den Nestling Newsletter ein.