Während die Namenssuche für unseren Buben im vollen Gange ist, verlor unser Mädchen ihren. Denn vor kurzem entschied ich mich, den Vornamen unserer Tochter aus allen bereits veröffentlichten Artikeln zu löschen und durch „unser Mädchen/ unsere Tochter“ zu ersetzen. Außerdem gibt es seitdem keine neuen Gesichtsaufnahmen mehr von ihr.
Entscheidungen bei der Geburt des Blogs
Als nestling.org vor knapp zwei Jahren online ging, dachten wir sehr intensiv über das Thema „Fotos von Kindern im Internet“ nach. Wir grübelten, befragten unser Umfeld (Was könnte im schlimmsten Fall passieren, wenn Name und Gesicht unseres Mädchens auf meiner Webseite erscheinen?) und entschieden uns letztendlich Bilder zu veröffentlichen, weil wir glaubten die Kontrolle darüber zu haben und weil wir uns keine wirklich schlimmen Konsequenzen vorstellen konnten.
Begriffe wie „Kindesentführung“ oder „Cybermobbing“ schossen mir zwar durch den Kopf, aber ich war schließlich kein Promi und schrieb „nur“ über unseren bindungsorientierten Erziehungsweg und nicht regelmäßig und detailliert über unseren Tagesablauf und unser Leben. Deshalb sah ich kein Problem darin, unser Mädchen namentlich zu erwähnen und Fotos zu veröffentlichen.
Im Notfall: Inhalte des Blogs sperren
Zudem gibt es eine Maßnahme für private Webseiten, die mir Sicherheit verlieh: Es ist möglich verschiedene Artikel oder den gesamten Blog auf „Privat“ zu stellen. Dann sind mit einem Schlag die entsprechenden Inhalte für die Öffentlichkeit gesperrt und alles was Benutzer von dem Blog sehen, ist eine Anmeldemaske und der kurze Hinweis, dass das Blog auf „Privat“ gestellt worden ist. Und so schob ich das Thema vorerst beiseite.
Warnungen, Hinweise und eine bedenkliche Entdeckung
Im Laufe der Zeit stolperte ich dann regelmäßig über Artikel und Beiträge, die vor der Veröffentlichung von Namen und Kinderfotos im Netz warnten. Ich las beispielsweise immer wieder, dass Bilder, die einmal im Internet sind, dort für immer bleiben. Sie können beliebig kopiert, verändert und gespeichert werden. Da nützt es auch nichts, wenn ich sie irgendwann lösche.
Da es zuhauf Bilder von schlafenden oder essenden Babys im Internet ohne inhaltlichen Bezug zu bestimmten Kindern gibt, fand ich die Veröffentlichung von Fotos an sich nicht schlimm. Was mich allerdings aufschrecken ließ, war das Ergebnis der Google Bildersuche vor einigen Wochen, als ich den Namen unseres Mädchens eingab. Hier ein Bildschirmfoto vom 22.07.2014:
Nestling.org erreichte in den letzten zwei Jahren einen gewissen Bekanntheitsgrad und ein gutes Google Ranking. Dass ich mit sehr vielen, verschiedenen Schlagwörtern bei Google auf Seite eins erscheine, ist wünschenswert und freut mich natürlich sehr. Die Freude verging mir allerdings, als die ich die unzähligen Fotos unseres Mädchens bei Google erblickte, ohne dass ich diese je speziell mit ihrem Namen markiert hatte. Schlaue Suchmaschine!
Kleiner (notwendiger) Schock
Das Google Ergebnis beunruhigte mich. Ich hatte einerseits nicht damit gerechnet, dass nestling.org sich so gut entwickelt. Andererseits nicht erwartet, dass sich so leicht so viele Informationen über unser Mädchen finden lassen. Dass Google von sich aus Zusammenhänge erkennt und präsentiert. Nach wie vor finde ich die veröffentlichten Inhalte weder peinlich noch bedenklich, aber wird unsere Tochter das in ein paar Jahren genau so sehen? Arbeite ich vielleicht gerade daran, dass sie eines Tages zum Cybermobbingopfer ihrer Klassenkameraden wird? Oder liefere ich gar Stalkern eine leichte Beute?
Aufräumaktion
Es war höchste Eisenbahn etwas zu unternehmen. Klar, wäre es klug und weniger arbeitsintensiv gewesen, von Beginn an ein Synonym für unser Mädchen zu verwenden und sparsamer mit Bildern von ihr umzugehen. Diese Lektion habe ich definitiv gelernt. Stattdessen setzte ich mich stundenlang an den Rechner und beseitigte Spuren von unserem Mädchen im Netz. Glücklicherweise erfolgreich. Hier ein Bildschirmfoto (gleiche Google Zeilen wie oben) vom 08. 08. 2014:
Schlussgedanke
Meine Aufräumarbeiten sind noch nicht abgeschlossen, aber ich bin glücklich und erleichtert, dass Google so schnell auf meine Änderungen reagierte. Ich hoffe, dass ich das Ruder noch rechtzeitig herumreißen kann…
Glücklich bin ich auch darüber, dass sich auf meiner Seite fast ausschließlich nette Leser mit höflichem Umgangston und nur äußerst selten sogenannte Trolle (also „Stunkmacher“) aufhalten. Dieses respektvolle Miteinander vermittelt mir ebenfalls ein gutes Gefühl, denn andere Blog-Autoren müssen gelegentlich heftige Beschimpfungen und Anfeindungen einstecken.
Inhaltlich wird es hier dementsprechend weitergehen wie bisher – die Art der Artikel und mein Stil bleiben gleich. Ich bin nun lediglich vorsichtiger, was die Veröffentlichung von Daten und Bildern unsere Kinder anbelangt. Das hat auch zur Folge, dass ich den Namen von Nestling Nr. 2 nicht öffentlich bekannt geben werde. Wer neugierig ist, darf aber nach der Geburt gerne in einer persönlichen Nachricht nachfragen 🙂
Weiterführende Links
Ein Beitrag von GGR Rechtsanwälte / Rechtsanwalt Karsten Gulden, LL.M. und Frau Felk, juristische Mitarbeiterin:
„Kinderfotos auf Facebook – Kinderrechte per Mausklick verletzen“
Über das Recht am eigenen Bild:
„Die Persönlichkeitsrechte von Kindern gehören nicht allein den Eltern“
Tipps speziell für Blogger :
„Wie viel Offenheit muss sein? Blogger und ihre Privatsphäre“
Hier noch eine Facebook-Seite, die regelmäßig über dieses Thema aufklärt:
„Keine Kinderfotos im Social Web“
Mit dazu gehörigem Artikel:
„Keine Kinderfotos im Social Web“
Comments 32
Finde ich SEHR gut! <3 TOP!
Hallo Kathrin,
sehr gute Idee und gut, dass du es teilst! Wenn ich jedoch deinen Blog und ihren Namen bei google eingebe, kommen nach wie vor Bilder von ihr. Solange Bilder auf der Website sind, lässt sich das vielleicht nicht ganz abstellen?
Liebe Grüße
Author
Ja, Carolin, ich weiß.
Die Aufräumarbeiten sind, wie gesagt, auch noch nicht abgeschlossen. Hier wird es in den nächsten Tagen noch einige Änderungen geben. Eventuell auch die Löschung der Bilder in den Artikeln. Mal schauen…
LG
Danke für diesen Artikel, der mir so viel mehr weiterhilft bei meinen Überlegungen als die Fakten-Artikeln à la „Eltern, wie könnt ihr nur!“. Zu sehen, dass auch andere erstmal so naiv denken wie ich – und dann merken was es bedeutet öffnet auch mir die Augen. Danke.
Liebe Kathrin,
ich habe gleich mal probiert , was von unserer Tochter im Internet herumgeistert u puh bin ich froh , bis auf ihre geburtstanzeige ,ohne bild , gibt es nichts !
Ich veröffentliche ab u an ein Bild auf Facebook um meinen weiter enfernt lebenden Freunden u Verwandten ihre Entwicklung zu dokumentieren .
Meine Seite ist nur für Freunde sichtbar gemacht u nach ca 2 Wochen lösche ich das jeweilige Bild wieder !
Ich finde Deine Entscheidung gut !
LG Simone
Author
Selbst ab und zu bei Facebook kann u.U. schon zu viel sein:
„Schaut man sich auch mal die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook genauer an, sichern sich die Betreiber eine einfache Lizenz an den hochgeladenen Fotos zu. Zwar kann der Urheber mit den Fotos weiterhin verfahren wie er möchte, jedoch räumt er Facebook ebenfalls ein Nutzungsrecht ein. Facebook behält sich in seinen AGBs ebenfalls vor, die Fotos in Zukunft eventuell auch an Dritte (z. B. Werbepartner) weiterzuleiten, was auch geschehen dürfte. Die Facebook AGBs sind mit der deutschen Gesetzgebung schwerlich vereinbar, zeigen jedoch eindeutig, dass die Bilder möglicherweise weitergegeben werden.“ (http://www.mimikama.at/allgemein/fotos-von-kindern-auf-facebook/)
LG
Kathrin
Facebook speichert die fotos für immer auf seinen servern und darf sie auch in 50 jahren noch nutzen… Auch wenn du sie löscht ändert das nichts daran….Versende die fotos am besten per verschlüsselter email bei einem email anbieter wie beispielsweise posteo.
Liebe Kathrin,
ich finde deine Entscheidung sehr gut und stehe mit deinen Meinung voll und ganz hinter dir 🙂
Darf ich ich fragen wie du die Aufräumarbeiten bei Goolge geleistet hast? ( gern auch per Email )
Der komplette Weg würde mich sehr interessieren .
Viele liebe Grüße
Saskia
Author
Antwort per E-Mail verschickt 🙂
Liebe Kathrin,
ich finde es sehr gut, dass du dich für – ja, für was eigentlich? Mehr Privatsphäre? Mehr (Daten-)Sicherheit? – entschieden hast. Es ist richtig und wichtig. Ich bin umständehalber sowas wie Berufs-Pessimist, was das Thema angeht – vielleicht ist man auch extrem sensibilisiert, wenn man in der IT arbeitet und das Thema »Datenschutz« quasi zum täglich Brot gehört.
In dem Zusammenhang vielleicht noch der Hinweis auf archive.org: nein, das Internet vergisst so gut wie nichts. Es gibt Caches, es gibt Dienste, die Webseiten crawlen und zwischenspeichern, es gibt so vieles, wovon so viele Nutzer (ich eingeschlossen!) nichts wissen. Ich bin oft irgendwas zwischen entsetzt, beschämt und reg-mich-schrecklich-auf wenn ich sehe, was die Leute per Facebook, Blogs, Instagram & Co. von ihren Kindern preisgeben. Vor 20 Jahren war das alles noch kein Thema, aber inzwischen gehören auch diese Themen zur Verantwortung der Eltern.
Du kannst bei archive.org wohl beantragen, dass die Captures gelöscht werden (?). Ich hab mich nur mal kurz reingeklickt, siehe
https://web.archive.org/web/20131113182655/https://nestling.org/puppenbuggy/
Viele liebe Grüsse an dich!
Author
Hallo,
ja die Löschung (auch bei Google) beantragen wir in den nächsten Tagen, das war der nächste Punkt auf der Agenda 😉
Wir sind die erste „Eltern-Internet-Generation“ und es gibt so vieles, was wir nicht wissen/ noch lernen müssen. Leider…
LG
Kathrin
Eine gute Entscheidung! Obwohl ich schon sehr gespannt auf den zweiten Nestlingnamen war 😉
Author
Du kannst mich gerne nach der Geburt per E-Mail (kathrin@nestling.org) fragen 🙂
Finde ich eine sehr gute Entscheidung
von euch. Ich bin auch immer wieder erschrocken wie auf den Verschiedensten Platformen und Foren mit den Bildern der eigenen Kinder umgegangen wird.
Ich habe auch gerade noch mal die Suchmaschine bedient und bin über deinen Eintrag bei der Brigitte Mom gestolpert, dort wird auch noch der Name des Mädchens erwähnt.
Ich wünsche euch viel Glück beim aufstoebern und löschen.
Kathi
Author
Vielen Dank für den Hinweis, Kathi!
LG
Kathrin
Ich denke auch, dass das längst überfällig ist!
Manchmal denkt man leider nicht über Konsequenzen nach.
Da kann unsere Erziehung noch so bindungsorientiert sein, wenn wir uns bei solchen Dingen wiederum nicht im Klaren darüber sind, wie wir unsere Kinder (für unsere eigenen Zwecke) eventuell gegen ihren Willen instrumentalisieren. Denn wir können sie nicht fragen bzw. sie sind natürlich nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Und manchmal merken wir selbst leider das Ausmaß zu spät. Toll, dass du es teilst. Vielleicht denken dann auch Eltern über die Folgen nach, denen es bisher (wie vielen von uns) nicht bewusst war. Viel Erfolg bei der Aufräumaktion.
Author
Vielen Dank, Saskia!
Ehrlich gesagt habe ich, als ich auf deine Seite gestoßen bin, schon direkt etwas Bauchschmerzen gehabt, weil deine Tochter mit Namen und Bildern öffentlich zu sehen war. Wollte aber da nicht kritisieren, da ich eher von der sehr ängstlichen Sorte bin und das jeder für sich selbst entscheiden sollte.
Ich habe für mein Kind entschieden, dass von Geburt an keinerlei Bilder im Internet von ihm zu sehen sein dürfen. Mehr noch: Ich habe allen, die mit ihm zu tun haben, also Verwandten und Freunden, sogar verboten, Bilder von ihm per What’s App o. Ä. zu verschicken oder gar auf Facebook zu posten, weil eben das Nutzungsrecht dieser Bilder damit an die jeweilige Firma abgegeben wird.
Daher finde ich deine Entscheidung sehr gut und richtig und ich hoffe, dass die Aufräumarbeiten dazu führen, dass eure Tochter bald nicht googlebar ist.
Liebe Kathrin,
ich finde die Entscheidung auch richtig und wichtig und möchte noch einen ergänzenden Gedanken anbringen:
Von einer Wiener Bloggerin weiß ich, dass bei ihr zuhause eingebrochen wurde, während sie auf Urlaub war, was sie auf ihrem Blog verkündet hatte („Urlaubspause“). Das kann natürlich Zufall gewesen sein, aber ich denke, mit angekündigten Abwesenheiten auf Blogs oder auf FB sollte man vorsichtig sein, denn die Adresse von Bloggerinnen herauszufinden ist oft leichtes Spiel, wenn sie nicht ohnehin im Impressum steht; vorbeugen könnte man, indem z.B. 1 bis 2 vorbereitete Artikel in dieser Zeit online gehen – oder indem man die paar Tage Funktstille gar nicht erklärt, es gibt ja immer wieder auch krankheits- oder kreativitätsbedingte Pausen, die vorher auch nicht angekündigt werden.
Liebe Grüße aus Wien,
michaela
Author
Liebe Michaela,
ja, solche Geschichten kenne ich, deswegen vermeide ich Ankündigungen dieser Art. Beim letzten Mama-Tochter-Urlaub bewachte Thomas ja unsere Wohnung 🙂
Vielen dank dennoch!
LG
Kathrin
Ich finde das ist eine sehr gute Entscheidung!
Ich bin manchmal geschockt wie unbedarft Manche Eltern mit Bildern ihrer Kinder umgehen, grad auf Facebook, am besten noch auf einem ungeschützten Profil. Ich habe nur 2 Bilder gepostet nach der Geburt, auf beiden kann man meinen Kleinen nicht richtig erkennen, also z.B. ein Bild von der Seite, eins von den Füßchen. Ich wäre aber auch interessiert daran wie du deine Aufräumarbeiten vorgenommen hast, nur aus Interesse.
Liebe Kathrin,
Ich habe deine Blog soeben entdeckt und bereits sehr viele interessante Informationen gefunden. Vielen Dank erst einmal dafür, dass du dir die Mühe so ausführlicher und lesenswerter Artikel machst.
Ich finde auch deine Motivation die Privatsphäre deines Kindes im Internet (und auch Facebook!) zu schützen, sehr lobenswert. Machen leider noch viel zu wenig Eltern.
Nur ein kleiner Zusatz zur Google-Suche: die Ergebnisse, die dir angezeigt werden, sind personalisiert. D.h. du wirst wahrscheinlich auf der Suche nach den Namen deiner Kinder deutlich schneller und häufiger auch auf Bilder deiner tatsächlichen Kinder kommen als andere Personen. Probier es am besten mal bei einem anderen Computer aus (nicht von Freunden oder Verwandten ;)), und du wirst sehen, dass sich die Ergebnisse teilweise stark unterscheiden. Welche Aktionen Google genau einbezieht ist nicht offiziell bekannt, aber aus unserer kleinen Recherche am Institut konnten wir herausfinden, dass in jedem Fall besuchte Webseiten (wie eben auch dein Blog, wenn du ihn bearbeitest), gMail-Inhalte, Google+ Inhalte und die Verweildauer bzw. Häufigkeit der Besuche einbezogen werden. Dadurch verändert sich die Inhaltsanzeige der Suchergebnisse (Reihenfolge und sogar ob links überhaupt angezeigt werden) teilweise dramatisch! Das hat übrigens auch Auswirkungen darauf, ob du überhaupt nachvollziehen kannst an welcher Stelle deine Blogeinträge bei Google wirklich angezeigt werden 😉
Bitte weitermachen mit den Blogeinträgen über Baby und Kinderkleidung 🙂
Viele Grüße
Katrin
Author
Vielen Dank, liebe Namensvetterin 🙂
Ja, das mit der personalisierten Google-Suche ist mir bekannt. Leider…
LG
Kathrin
Vielen Dank für die Tipps. Als Blogneuling habe ich an Bilder ohne Gesicht gedacht. An die Namensänderung jedoch erst nach diesem Blogeintrag. War nicht viel zu ändern 🙂 Viel Erfolg beim Anonymisieren deiner Tochter. Lg
Author
Sehr gerne, Anja! Und viel Spaß beim Bloggen 🙂
LG
Kathrin
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