Wir sind letztes Wochenende umgezogen – raus aus unserer 70 qm kleinen Zwei-Zimmer-Studentenbude in ein größeres Heim. Raus aus der ersten Wohnung, die Thomas und ich vor 8 Jahren gemeinsam bezogen. Raus aus vier wundervollen Dachgeschosswänden mit Dielenfußboden, an denen wir mit ganzem Herzen und vielen Erinnerungen hingen.
Gerne wären wir in unserer gemütlichen Galeriewohnung geblieben, doch da wir mittlerweile beide von zu Hause aus arbeiten und die Kinder immer mehr Raum einnehmen, fehlten zwei Zimmer (eins zum Arbeiten und eins für die Kinder).
Davon abgesehen veränderte sich Thomas’ berufliche Situation drastisch und ein Umzug nach New York stand seit Beginn des Jahres im Raum. Einerseits hätte ich mich gerne auf dieses Abenteuer eingelassen, schließlich arbeitete ich nach dem Abi ein Jahr in Australien und ich studierte zwei Jahre in York (Großbritannien), aber mit zwei kleinen Nestlingen bin ich nur noch halb so risikofreudig und abenteuerlustig.
Und so fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen als Thomas mir im Sommer mitteilte, dass er weiterhin von Deutschland aus arbeiten könne und es reicht, wenn er ab und zu für ein paar Tage nach New York fliegt. Dass wir uns ein neues Heim innerhalb Krefelds suchen können und ich mich nicht von meinen gewohnten sozialen Strukturen lösen muss.
Ich war sehr erleichtert, weil die Kinder hier eine liebe Omi haben und ich gute Freunde. Weil ich mich hier auskenne und (so sehr ich auch immer auf die Hässlichkeit der Stadt schimpfe) viele hübsche Ecken weiß, in denen ich mit den Rackern ein paar tolle Stunden verbringen kann. Außerdem blieb uns ein Neubeginn im unbekannten, aber bekanntermaßen sehr hektischen New York erspart. All das beruhigte mich ungemein, denn der Umzug innerhalb unserer Stadt war schon stressig und chaotisch genug.
Und die Kinder?
Das Mädchen registrierte wie ich bereits zwei Wochen vor dem Umzug unser Hab und Gut in Kisten packte und ins neue Heim brachte. Sie beobachtete wie die Schränke und Zimmer leerer wurden und hakte oft skeptisch nach, ob ich auch ihre Puppe, den Teddy und überhaupt ihr ganzes Spielzeug mitnehme. Ich spürte ihre Verlustängste deutlich.
Dementsprechend klammerte sie ungewöhnlich intensiv an mir – sie erledigte beispielsweise an den Nachmittagen lieber langweilige Einkäufe mit mir, als sich mit ihren besten Freundinnen zu verabreden und sie weigerte sich schon Wochen im voraus am Umzugstag bei Omi zu schlafen, was sie bereits einige Male gerne gemacht hatte. An diesen „Kleinigkeiten“ merkte ich, dass sie der Umzug innerlich bewegte.
Am Abend vor dem Umzug gab es dann einen Super-Gau mit dicken Tränen. Als das Mädchen feststellte, dass unser Esstisch samt Stühlen verschwunden war – ich hatte die Dinge, die wir keineswegs mitnehmen wollten im Vorfeld verkauft bzw. verschenkt – begann sie untröstlich zu weinen. Ich fand es eigentlich lustig, kniend auf unserem ollen Wohnzimmerteppich zu essen – ihn noch mal so richtig einzusauen, bevor wir auszogen – aber dem Mädchen war diese abenteuerliche Mahlzeit zu viel und sie brach schluchzend zusammen.
Ich zog sie auf meinen Schoß, nahm sie fest in die Arme und während ich den Blick über die aufgetürmten Kisten in unserem mittlerweile unwohnlichen Wohnzimmer gleiten ließ, erzählte ich ihr, dass auch ich ganz schön traurig und wehmütig bin. Aber auch, dass ich mich riesig auf das neue zu Hause – auf den Garten, ihr neues Zimmer und die Familienbadewanne – freue. So gelang es mir zum Glück, sie nach kurzer Zeit zu beruhigen. Wären wir nach Amerika ausgewandert, hätte ich sicherlich stundenlang mitgeheult…
Der Bub hing übrigens auch wieder verstärkt an mir und quietschte immer sofort, wenn ich ihn auf den Boden oder bei Papa/ Omi ließ. Mit so einer kleinen Klette gestalteten sich die Umzugsvorbereitungen und der Umzug noch schwieriger. Im wahrsten Sinne des Wortes, weil ich ihn nahezu ununterbrochen schleppen musste.
Seelenpflege bei Umzugsstress
Die beiden Nestlinge waren durch den Wind, aber auch Thomas und mir machte das ganze Sortieren, Ausmisten, Packen, Schleppen und Entpacken zu schaffen. Ich mochte Umzüge noch nie, weil sie nervig, zeitraubend und kräftezehrend sind. Doch ein Umzug mit zwei kleinen Rackern war die Krönung meiner bisherigen Umzugserfahrung, denn das bedeutete nicht nur bessere Planung und Organisation, sondern auch mehr Arbeit auf emotionaler Ebene.
Die Kinder forderten extra Aufmerksamkeit und Zuwendung und da Thomas und ich unter chronischem Schlafmangel litten und wir als Selbstständige nicht einfach so Urlaub nehmen konnten, fühlten wir uns in dem Chaos an manchen Tagen total überfordert. Wir stritten öfter. Meist wegen der berühmten Fliege an der Wand…
Glücklicherweise wirkt Reden bei uns Wunder – auch nach all den Jahren noch, so dass wir hier zwar gerade turbulente Zeiten durchleben, aber nichts eskaliert. Davon abgesehen ist die Sonne gerade voll auf unserer Seite und lädt verlockend zu Verschnaufpausen ein. Und so versuche ich die vollen Kisten und wartende Arbeit zu ignorieren und die Familie regelmäßig an die frische Luft zu scheuchen. Wie am Sonntagnachmittag nach dem Umzugstag, an dem wir uns auf unserem Lieblings-Mitmach-Bauernhof beim Apfelfest vergnügten.
Ein Umzug bedeutet für alle Beteiligten Entwurzelung. Wie bei einem Baum, den man umpflanzen möchte.Golrokh Esmaili
Es wird noch eine ganze Weile dauern bis wir die allerletzte Kiste leeren können und richtig angekommen sind – bis wir uns so richtig wohl fühlen in unserem neuen zu Hause. Noch ist hier alles fremd und „halbfertig“; alles riecht nach „frisch renoviert“ und fühlt sich noch lange nicht vertraut an.
Umso schöner finde ich es, dass der „äußere Rahmen“ noch der gleiche, verlässliche ist: Das Mädchen geht noch in denselben Kindergarten, wir leben nach wie vor in der Nähe unserer lieben Verwandten und Freunde und wir finden uns hier gut zurecht – schließlich wohnen wir ja nur ein paar Straßen weiter.
Eine Eingewöhnung in ein neues Heim braucht Zeit
Der Aufwand der letzten Wochen hat sich jedenfalls gelohnt, denn der Umzug und das neue Heim bringen sehr viele positive Veränderungen mit sich. Hier ist es beispielsweise herrlich ruhig, obwohl wir in Zentrumsnähe wohnen. Wir haben endlich Platz für einen Geschirrspüler – das macht eine tägliche Zeitersparnis von etwa einer Stunde. Thomas, der Bub und ich, wir sind wieder ins gemeinsame Familienbett (2,80 Meter) gezogen, denn das Mädchen hat ja jetzt ein eigenes Zimmer und somit ein eigenes Bett, was sie allerdings nicht davon abhält jede Nacht zu uns zu krabbeln 🙂
Leider wartet noch ziemlich viel Arbeit auf uns. Die alte Wohnung muss gestrichen und „aufgehübscht“ werden – das ist unser Wunsch, weil uns unsere ehemaligen Vermieter in den vergangenen Jahren oft unter die Arme gegriffen haben. In der neuen Wohnung gibt es viele ungemütliche Ecken und unsere eigentliche Arbeit (die wir teilweise zurückstellten) türmt sich ebenfalls bis unter die Decke. Aber das wichtigste (Kinderzimmer, Schlafzimmer und Küche) steht und den Rest schaffen wir schon noch.
Tipps für einen Umzug mit Kind
Ich versuchte die Nestlinge (hauptsächlich das Mädchen) auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten und in das Geschehen aktiv mit einzubinden, um den Umzug für die beiden so angenehm wie möglich zu gestalten. Hilfreich waren folgende Punkte:
- Den Kleinen möglichst früh vom Umzug erzählen (warum und wohin) und sie mit Büchern zum Thema und/ oder einem selbstgebasteltem Countdown-Kalender darauf einstimmen.
- Kleinkinder beim Packen von Kartons helfen lassen (sie können ihre Bücher und ihr Spielzeug einräumen) und für neugierige Babys einen extra „Baby-Karton“ hinstellen, der nach Herzenslust gefüllt und entleert werden kann.
- Kleinkinder bei der Auswahl von Wandfarbe/ Kinderzimmermöbeln mit einbeziehen.
- Am besten nicht alles komplett neu einrichten, sondern einige vertraute Stücke mitnehmen.
- Das Kinderzimmer am Umzugstag möglichst zuerst einrichten, damit den Kleinen die Eingewöhnung leichter fällt.
- Die Kinder am Umzugstag nur in die Hände von vertrauten Personen geben oder sie selbst betreuen. (Unser Mädchen war tagsüber bei Omi und der Bub auf meinem Rücken.)
- Den Kindern die Gelegenheit geben, sich bewusst von der alten Wohnung (dem Kindergarten/ der Schule usw.) zu verabschieden.
- Falls die Kinder im neuen Heim ein eigenes Zimmer bekommen, ein Nachtlicht mit Bewegungssensor und automatischer Abstellung anschaffen, damit sie nachts den neuen Weg unfallfrei zu Mama und Papa finden.
- Das Ausräumen der Kisten und das Einrichten nicht übers Knie brechen, sondern Prioritäten setzen (was brauche ich dringend?) und genügend Verschnaufpausen einlegen. Wichtiger als ein perfekt eingerichtetes Heim ist das emotionale Wohlergehen der Beteiligten.
- Die Kinder nach dem Einzug mit bohren und handwerkeln lassen und/ oder gemeinsam mit ihnen hübsche Deko für das neue Heim basteln.
Und jetzt seid ihr dran! Wer von euch ist bereits mit Kind(ern) umgezogen und was fandet ihr dabei besonders anstrengend/ erleichternd?
Ich freue mich auf eure Erfahrungsberichte!
Eure Kathrin