Wir ziehen von Larchmont in New York nach Charlotte in North Carolina. Und das bereits am 21. Mai 2020! Das verrückte daran ist, dass wir gar nicht umziehen müssten. Es gibt keinen triftigen Grund für dieses neue Abenteuer. Wir folgen schlichtweg dem Ruf unserer Herzen (siehe Goodbye New York).
Fun Facts:
1. Unsere neue Hausnummer ist 111112. Die Strecke zwischen unserem jetzigen Heim und dem Neuen beträgt exakt 666 Meilen
3. Charlotte ist die Partnerstadt von Krefeld (dort haben wir vor der Auswanderung gewohnt)
Ich bin ungewöhnlich entspannt
Im Gegensatz zu unserer Auswanderung wirkt dieser Umzug wie ein Kindergeburtstag. 2017 bin ich bereits Wochen vor unserer Ausreise rotiert, um den kompletten Haushalt aufzulösen, Ärzte abzuklappern, Papierkram abzuarbeiten und eine neue Wohnung zu organisieren. Es gab so viel zu tun, dass wir die letzten Tage vor dem Abflug bis spät in die Nacht rangeklotzt haben. Ein echter Kraftakt!
Dieses Mal stecke ich zwar auch schon fleißig in den Vorbereitungen, doch diese sind im Vergleich zu damals echt überschaubar. So überschaubar, dass die Lage hier echt entspannt ist und dass, obwohl es in zwei Wochen schon losgeht. Bin ich etwa ein Umzugsprofi!? Oder verkalkuliere ich mich komplett?
Jedenfalls sind wir nicht mehr nur zu viert. Wir haben ja Hans und Franz aus dem Tierheim adoptiert und mit den beiden Samtpfoten im Gepäck betreten wir jetzt völlig neues „Umzugs-Terrain“.
Haussuche mit Katzen
Zunächst galt es herauszufinden, ob Katzen überhaupt erlaubt sind und Charlotte erwies sich schnell als tierfreundlich. In die meisten Häuser dürfen auch Katzen und Hunde – gegen eine Gebühr – mit einziehen. Für unsere Stubentiger mussten wir einmalig $350 pro Nase berappen. Das tat weh, war jedoch besser als eine monatliche Gebühr wie sie bei anderen Vermietern verlangt wurde.
In welchen Bezirken liegen die guten Schulen?
Gleichzeitig schielte ich auf Häuser, die guten, öffentlichen (kostenlosen) Schulen zugeordnet sind. Hier darf man sich ja nicht einfach irgendeine Schule aussuchen, sondern es gibt Schulbezirke. Das heißt die Adresse bestimmt, wohin die Kids gehen. Dabei achtete ich nicht nur auf das Ranking der Schulen, ich hielt auch auf die Unterrichtszeiten im Blick. Denn letztere können stark variieren.
Einige der gut bewerteten Schule in Charlotte fangen beispielsweise 7.30 Uhr an und enden 14 Uhr. Andere beginnen 8.45 Uhr und gehen dafür bis 15:45 Uhr. Obwohl der Bub eine ausgesprochene Eule ist, war ich mir unsicher, was besser ist. Ich fragte das Mädchen (eine Lerche), ob sie lieber eher beginnen und weniger Unterricht haben will oder später in den Tag starten und länger in der Schule sein. Sie entschied sich klar für den späteren Start: „Dann hab ich genug Zeit, um mein Gehirn zu entfalten!“ 🙂
Für den Bub ist das zweifellos die bessere Variante, denn er wacht frühestens 8 Uhr von alleine auf. Die langen Schultage bereiteten mir zwar zunächst leichtes Bauchgrummeln – hier in Larchmont ging der Unterricht von 8.40 Uhr bis 15 Uhr. Doch als ich herausfand, dass es an der neuen Schule zwei große Hofpausen (à 30 Minuten) UND eine lange Mittagspause gibt, beruhigte ich mich wieder.
Living in a Community?
In Charlotte gibt es häufig sogenannte Haus-Gemeinschaften mit eigenem Spielplatz und Pool. Da deutsche Freunde von uns bereits in Boston gute Erfahrung mit diesem Konzept gesammelt haben, solche geselligen Treffpunkte sicherlich das Herstellen sozialer Kontakte erleichtern und immer wieder betont wurde, dass es sich im Sommer in North Carolina ohne Pool kaum aushalten lässt, liebäugelte ich damit, Teil einer solchen Kommune zu werden.
Ein kleines Freibad haben wir übrigens hier in Larchmont auch, allerdings dürfen dort nur Mitglieder rein und eine Mitgliedschaft kostet $560 – für die 10 Wochen, die es im Sommer geöffnet ist. Den dazugehörigen Innenbereich könnte man dann theoretisch auch den Rest des Jahres nutzen, aber der ist so arschkalt, dass das nur für richtige Schwimmer eine Option ist. Nicht für Familien mit kleinen Kindern…
Wie viele Räume brauchen wir?
Der Umzug ist deshalb möglich, weil Thomas‘ Chef uns grünes Licht gegeben hat und Thomas auch in Zukunft von seinem Homeoffice aus für Frame.io (Sitz in Manhattan) arbeiten kann. Dafür benötigt er einen abschließbaren Raum nur für sich.
Das Mädchen (9 Jahre) freut sich auf ihr eigenes Zimmer und plant auch in diesem zu schlafen, was ich natürlich klasse fände. Der Bub (5,5 Jahre) hegt ähnliche Pläne. Doch bei ihm kann ich mir vorstellen, dass er seinen eigenen Raum zum Spielen nutzt und in der Nacht doch lieber unter unsere Familienbett-Decke kriecht. Wir werden sehen.
Falls wir länger in unserem neuen zu Hause bleiben, ist eine private Rückzugshöhle für jeden von uns eine feine Sache. Genug Freiraum für die Stubentiger sowieso. Und für Gäste, die uns in der Regel länger besuchen, hat sich ein extra Zimmer mit anliegendem Bad in der Vergangenheit als sehr praktisch erwiesen.
Viel Glück bei der Haussuche!
Unsere Kriterien an das neue Heim grenzten die Suche mächtig ein. Ich sah immer wieder tolle, große und unfassbar günstige Häuser – jedoch mit schlechten Schulen. Das sorgte für viele Schulterhänger.
Ebenfalls herausfordernd waren die riesigen Immobilienagenturen, die ausschließlich mit automatisierten E-Mails und Textnachrichten antworteten. Es schien unmöglich einen echten Menschen ans Telefon zu bekommen.
Dann telefonierte ich zufällig mit Enza, einer richtig netten Immobilienvermittlerin, die sich mächtig ins Zeug legte. Das Haus wegen dem ich sie eigentlich kontaktiert hatte, entpuppte sich nach genauerem Hinsehen als zu klein für unsere Couch. Daraufhin schickte sie mir andere Häuser, darunter auch unser neues Heim, welches zu dem Zeitpunkt noch gar nicht offiziell auf den Markt war. Welches wir bekamen, ohne dass es je offiziell auf dem Markt erschienen ist…
Hausbesichtigung via FaceTime
Schon bei unserer Auswanderung sind wir in eine Wohnung gezogen, die wir vorher nie mit unseren eigenen Augen gesehen haben. Eine ziemlich abgefahrene Sache und ich bin mega dankbar für diese Möglichkeit. Für die moderne Technik.
Auch Charlotte ist zu weit weg, um sich eben mal ein paar Häuser in echt anzuschauen. Wir müssten hinfliegen, dort übernachten und das Ganze mit den Nestlingen. Das ist nicht nur aufwendig und kostspielig, sondern Dank Corona unmöglich. So entschieden wir uns wieder für eine Hausbesichtigung via FaceTime.
Unser Haus hätte eigentlich erst am 1. Mai frei werden sollen und wir hibbelten ungeduldig darauf hin. Dann erhielten wir am Freitag, den 24. 04. 20, eine überraschende Nachricht, dass die Mieter eher ausgezogen sind und wir es bereits Samstagmorgen anschauen können. Das taten wir super aufgeregt und weil alles für uns passte, schnappten wir sofort zu.
Aber dieses Mal nehmen wir alles mit, ok!?
Als der Umzug offiziell im Raum stand, waren die Nestlinge freudig aufgeregt, allerdings auch etwas besorgt. Denn das Mädchen konnte sich noch gut daran erinnern, dass wir bei unserer Auswanderung fast alles (auch an Spielzeug) zurückgelassen haben. „Aber dieses Mal nehmen wir alles mit, ok!?“ vergewisserten die beiden sich. Ich stimmte zu, definierte „alles“ jedoch später noch mal neu 🙂
Warum? Wir haben in den drei Jahren, die wir in Amerika wohnen, wieder eine Menge Kinderkram angesammelt. Ich hatte zwar immer wieder Anflüge von Minimalismus und bin davon nach wie vor begeistert (siehe hier). Gleichzeitig lasse ich mich viel zu oft von den Nestlingen und ihren großen, bettelnden Kulleraugen breitschlagen.
Deswegen einigten wir uns, dass die Sachen, mit denen sie intensiv spielen, gerne mitdürfen. Wie diese Puppenhäuser auf dem Foto, die wir beide Second Hand geschenkt bekommen haben. Und dass das Spielzeug, das sie schon seit Monaten ignorieren, weiter ziehen darf. Jedoch nicht mit uns.
Unsere Einrichtung: Ein überschaubarer Bestand
Auch Thomas und ich, wir prüften unsere Habseligkeiten und misteten gründlich aus. Ich mag das ja voll!
Dabei fiel uns auf, dass wir nach wie vor kaum Möbel besitzen, weil unser Haus mit vielen Stauschränken versehen ist und wir schon seit Ewigkeiten auf dem Boden schlafen (angeblich besser für den Rücken?!). Küche, Waschmaschine, Trockner, Kühlschrank & Co werden in Amerika üblicherweise mit vermietet und so müssen wir uns auch darum nicht kümmern. Ein riesiger Vorteil wie ich finde!
Wir ziehen also hauptsächlich Regale, Kisten, Fahrräder und Kinderkram um. Die einzig sperrigen Gegenstände sind unsere große, gemütliche Couch…
…und ein elektrisches Klavier.
Umzugsunternehmen oder selber packen?
Als ich im Internet ein Angebot für unseren Umzug anforderte, um ein Gefühl für den Preis zu bekommen, ahnte ich nicht, dass ich Sekunden später von drei Millionen Anrufern attackiert werde. Das war nicht nur unangenehm, sondern höchst überfordernd.
Ich lernte, dass es quasi immer ein Hauptunternehmen gibt (und davon auch gefühlt tausende), die mit weiteren tausenden Anbietern zusammen arbeiten, welche den Umzug letztendlich durchführen. All diese Unternehmen und Anbieter befinden sich im Konkurrenzkampf miteinander und kämpfen aggressiv um Kunden. Übers Telefon.
Mein Problem war, dass ich nicht wusste, wem ich trauen kann. Unzählige Stimmen im Internet zeigten, dass viele dieser Anbieter einen verlockenden Preis machen und diesen am Umzugstag frech erhöhen.
Ein Umzugsunternehmen hier im Ort, das mir von einem Freund empfohlen wurde, verlangte knapp $5000. Wahrscheinlich die angemessenen Kosten für die Arbeit und den Aufwand, doch viel zu viel für unseren Geschmack.
Wir brainstormten mal wieder. Denn ich mag niemanden unterbezahlen, nicht abgezogen werden und kein Vermögen ausgeben. Und so entschieden wir uns für einen Truck mit Fahrer, den wir selber packen. Für etwa $2000. Der genaue Preis wird am Tag der Abholung anhand der tatsächlichen Füllmenge bestimmt.
Der Truck kommt bereits am Montag, den 18. Mai. Wir haben also satte drei Tage, um ihn zu beladen. Abgeholt wird er am 21. Mai und in Empfang nehmen dürfen wir ihn dann am 27. Mai. Früher ging leider nicht, aber die paar Tage werden wir sicherlich ohne unsere Sachen über die Runden kommen. Auch darin sind wir ja erfahren.
Fliegen oder mit dem Auto fahren?
Charlotte ist „nur“ 10 Autostunden von uns entfernt. Eine Distanz, die richtige Amerikaner auf einer Pobacke absitzen. Für uns – also mit Kindern und Katzen – ist das durchaus herausfordernd, jedoch machbar. Und wesentlich kostengünstiger, als zu fliegen und das Auto in einem Truck transportieren zu lassen. So richtig wohl ist mir noch nicht dabei, doch wir haben uns entschieden, alle gemeinsam in unserem Auto zu fahren.
Wie bekommen wir die Katzen von A nach B?
Jedoch nicht 10 Stunden durch. Dass kann ich weder den Katzen, noch den Kindern, noch uns zumuten. Ich habe ein katzenfreundliches Hotel genau in der Mitte gefunden, wo wir übernachten können. Zu sechst in einem Zimmer! Einerseits freut mich das – für die Katzen, weil die beiden nach der Trauma-Fahrt sicherlich Nähe brauchen. Andererseits bin ich jetzt schon froh, wenn diese höchstwahrscheinlich sehr kurze und unruhige Nacht vorbei ist. Aber es ist ja zum Glück nur eine.
Unseren Stubentigern habe ich jedenfalls schon vor einiger Zeit Transportboxen besorgt, in denen sie es sich sofort ordentlich gemütlich machten. Hans kann darin problemlos ganze Nachmittage verpennen. Da muss ich wirklich kein schlechtes Gewissen haben, dass er zwei Mal fünf Stunden da drin verbringen „muss“.
Jetzt gilt es, sie in ihren Boxen ans Autofahren zu gewöhnen. Sie ein paar Mal für ein einige Minuten (mit viel Liebe und Leckerlis) durch die Gegend zu kutschieren, um eine positive Verknüpfung herzustellen. Das ist meine Aufgabe für die nächsten Tage.
Wie ich das mit dem Katzenklo genau löse, weiß ich allerdings noch nicht. Ich habe Einweg-Schalen für unterwegs besorgt und Leinen (inkl. Geschirr), so dass sie bei unseren Pausen laufen und sich erleichtern können. Aber ob das so auf Knopfdruck funktioniert? In völlig neuem Terrain? We will see!
Zögerliches Packen
Aus Supermärkten und von Nachbarn habe ich mir riesige Stapel Umzugsboxen besorgt, ohne genau zu wissen wie viele ich eigentlich brauche. Denn das ist für mich sehr schwer abzuschätzen.
Und dafür, dass der Umzugstruck bereits in 11 Tagen kommt, habe ich recht zögerlich gepackt. Ich will den Kids das Spielzeug noch nicht wegnehmen. Küchenutensilien brauche ich noch alle. Kleidung auch. Sogar die Wintersachen, weil wir gerade wieder extrem schwanken – von Sommerhitze und Strandwetter zu sehr kalten Regentagen.
Vermutlich gerate ich erst nächste Woche so richtig in Wallung. Oder in Panik, weil ich mir doch zu viel Zeit gelassen habe.
Und emotional? Kleine Anflüge von Traurigkeit…
Der Bub sagt gerade öfter, dass sein Körper umziehen will, aber sein Kopf nicht. Er kann jedoch nicht genau erklären, was er damit meint.
Das Mädchen überlegt sich Abschiedsgeschenke für ihre Mädels. Ihr Blick dabei verrät Wehmut.
Auch ich spüre regelmäßig einen Kloß im Hals. Wenn die Lehrerin fragt, ob es ok ist, dass die Klassenkameraden des Mädchens sich etwas zum Abschied überlegen. Wenn Freunde und Bekannte uns mitteilen wie sehr sie uns vermissen werden. Wenn die Nachbarin plötzlich mit einem selbst gebackenen Sauerteigbrot und einer voll lieben Tellerbotschaft vor der Tür steht…
Wir haben offensichtlich tiefere Wurzeln geschlagen, als es uns bewusst war.
Bin ich eigentlich total verrückt?
Und dann stehe ich plötzlich im Garten und denke: „In zwei Wochen bin ich nicht mehr hier! In zwei Wochen befinde ich mich auf einem Fleck dieser Erde, auf dem ich noch nie vorher war!“ Dieser Gedanke ist so surreal, dass ich ihn kaum fassen kann. Er klingt so verrückt, dass leise Zweifel anklopfen. „Was hast du gemacht? Bist du dir sicher, dass das richtig ist?“
Ja! Verrückt vor Freude!
Bis mein Herz laut „Jaaaa!“ klopft. „Jaaa, ich bin sicher! Jaaa, das ist richtig! Absolut richtig!“
So ein Umzug ist immer mit gemischten Gefühlen verbunden – bei allen Beteiligten. Es ist auch normal, dass sich Zweifel und Ängste melden. Wir haben schließlich wieder mal keine Ahnung, was da alles auf uns zu kommt.
Gleichzeitig freuen wir uns riesig. Darüber, dass wir mit dem Umzug etwas Abwechslung in unsere Corona-Langeweile bringen. Dass wir dabei sind herauszufinden, ob North Carolina wirklich so toll ist wie alle immer sagen. Und wir freuen uns natürlich wie bekloppt auf die Pferde!
In diesem Sinne ganz aufgeregte Grüße
Eure Kathrin