Nur sehr wenige Frauen (1-3%) können nicht stillen und doch haben viele Mütter das Gefühl nicht stillfähig zu sein. Einerseits ist das Stillen „kein automatisch ablaufender Reflex“ und muss oft erst von Mutter und Kind erlernt werden. [1] Andererseits kann hinter vermeintlicher Stillunfähigkeit ein tiefgehendes Problem stecken. Deshalb möchte ich mit diesem Artikel das Augenmerk auf die weniger offensichtlichen Ursachen von Stillproblemen lenken.
Ob der Stillstart gelingt und wie gut bzw. wie lange die Stillzeit verläuft, hängt erheblich davon ab, wie wohl sich Mutter und Kind dabei fühlen. Leider fehlt es uns an erfahrenen Vorbildern, von denen wir uns entspanntes Stillen abschauen können. Das spiegelt sich in bedenklichem, allseits kursierendem Halbwissen wider und führt bei unerfahrenen Müttern zu Selbstzweifel und Unsicherheit, wenn das Stillen nicht glückt. Und genau das ist der Knackpunkt: Stillen erfordert Selbstvertrauen, Ruhe und Gelassenheit.
Selbstverständlich gehört ein gewisses Maß an Stress zum neuen Babyalltag und wird keiner stillenden Mutter schaden. Doch zuviel Stress kann die Milchproduktion negativ beeinflussen. Wie viel zu viel ist, hängt von der Belastungsfähigkeit jeder einzelnen Frau ab. Welche Stressfaktoren das Stillen blockieren können und warum, verdeutlichen die folgenden Abschnitte.
Inhalt
Überzeugung statt Überredung
Die innere Einstellung bestimmt, ob Stillen Freude oder Frust bereitet. Eine Frau, die von der Haarspitze bis zum Zehnagel vom Stillen überzeugt ist, wird sich mit gutem Gefühl auf ihre neue Aufgabe einlassen können, auch wenn es nicht auf Anhieb reibungslos klappt. Wer das Stillen jedoch nur aufgrund Erwartung anderer in Angriff nimmt, z.B. aus der Befürchtung heraus „sonst keine ideale Mutter zu sein, setzt sich unter immensen Druck und Zwang.“[2] Das ist problematisch, da Kinder empfänglich sind für den Gefühlszustand ihrer Mutter und bei negativen Schwingungen schlechter oder gar nicht an der Brust trinken. Statt harmonischer Stillbeziehung entsteht ein Spannungsfeld, das zur großen Belastung für Mutter und Kind werden kann.
Abneigung gegen das Stillen – was tun?
Grundsätzlich gilt: keine Frau muss stillen.Es ist nicht empfehlenswert einer Mutter, die das Stillen ablehnt unermüdlich alle Vorzüge des Stillens zu erklären. Das schürt lediglich das schlechte Gewissen und erzeugt unnötige Schuldgefühle. Besser ist es herauszufinden wo die Gründe für die innere Haltung liegen – am besten in einem Gespräch mit einer Stillberaterin oder Therapeutin und natürlich nur, wenn die Mutter Hilfe möchte . Meist beeinflussen falsche Informationen und Vorstellungen die eigene Entscheidung, beispielsweise die Annahme, dass Stillen schlaffe Brüste verursacht (siehe „Irrtümer rund ums Stillen„). Manchmal können aber auch tiefer liegende Probleme (z.B. sexuelle Misshandlung in der Kindheit) der Grund für das „Nicht-stillen-wollen“ sein.
Wer nicht stillt, ist keine Rabenmutter!
Entscheidet sich eine Mutter bewusst gegen das Stillen, ist es wichtig ihren Entschluss zu respektieren, statt sie zu ihrem Stillglück zu überreden. In manchen Situationen (wenn die äußeren oder inneren Umstände zu schwierig sind) „mag es besser sein, ein Kind liebevoll mit der Flasche zu füttern und somit Ruhe und inneren Frieden zu erlangen, als halbherzig oder gequält die Brust zu geben.“[3]
Eine gute Mutter-Kind-Beziehung ist zweifellos auch ohne Stillen möglich, denn zu einem liebevollen Verhältnis gehört mehr, als seinem Kind die Brust zu geben.
Aller Anfang ist schwer
Stress hemmt die Milchproduktion
Selbst wenn eine Mutter unbedingt stillen möchte, gelingt es nicht immer. Manchmal stecken medizinische oder körperliche Ursachen dahinter, doch oft wird Stress zum Stillhinderniss. Körperliche Belastung und seelische Anspannung (wie Überforderung, Angst, Selbstzweifel) kann die Muttermilchquelle versiegen lassen noch ehe sie richtig fließt.
Schuld daran sind die Hormone. Einerseits sorgen sie dafür, dass Milch gebildet wird und gut fließt: Das Saugen des Babys bewirkt die Ausschüttung der Stillhormone Prolaktin (bewirkt Milchbildung) und Oxytocin (ermöglicht den Milchfluss).[4] Andererseits kann das Hormon Adrenalin, welches vermehrt in Stresssituationen gebildet wird, die Bildung von Oxytocin und somit den Milchfluss hemmen (siehe auch „Milchbildung“).
Die besten Bedingungen für den Stillstart
„Die günstigen Umstände, die eine Mutter braucht um das Stillen zu erlernen, entsprechen am ehesten jenen Bedingungen, die im allgemeinen als günstig für den sexuellen Liebesakt gelten: ein behagliches, warmes Bett, Ungestörtheit, eine entspannte Atmosphäre und ein Gefühl zeitloser Muße.“ (Sheila Kitzinger)[5]
Das ist einfach erklärt. Wenn zwei Menschen Zärtlichkeiten austauschen und sich glücklich und entspannt dabei fühlen, produziert der Körper Oxytocin – beim Stillen, aber auch beim Sexualakt. Das sogenannte „Liebeshormon“ ruft intensive Gefühle von Nähe hervor und verstärkt emotionale Bindungen. „Sobald aber die Aufmerksamkeit nach außen gelenkt wird, produziert der Körper Adrenalin, unser Flucht- und Aktivitätshormon, welches wiederum das Oxytocin drosselt.“[6]
In anderen Worten: Wenn die Schwiegermutter klingelt oder Frau gedanklich mit dem Bügeln beschäftigt ist, schwindet das intensive Nähegefühl schlagartig oder es entsteht gar nicht erst. Beim Liebesspiel ist vielleicht „nur“ die Stimmung hin, beim Stillen allerdings, kann im schlimmsten Fall die Milch nicht fließen.
Praktische Tipps
Bis Mutter und Kind ein eingespieltes Still-Team sind, ist es demzufolge wichtig für Ruhe und ein entspanntes Umfeld zu sorgen. Das ist natürlich leichter gesagt, als getan, denn viele Mütter sind nach der Geburt so erschöpft, dass schon ganz banale Alltagssituationen – wie schnarchende Zimmergenossen in der Klinik – enormen Stress verursachen können.
Wie schaffe ich mir also „günstige Umstände“? Hier ein paar Inspirationen für eine ruhige und angenehme Stillatmosphäre:
- Ziehe dich mit deinem Baby an einen geschützten Ort zurück
Das kann ein Familienzimmer in der Klinik sein oder das heimische Schlafzimmer. Wichtig ist, dass du dich ungestört deinem Baby hingeben und soviel Körper- und Hautkontakt wie möglich austauschen kannst. - Reduziere die Geräuschkulisse
Fernseher, Radio oder andere permanente Hintergrundgeräusche können dein Kind überfordern und beunruhigen, was wiederum zu unentspanntem Trinkverhalten führen kann. - Reduziere die Besucheranzahl bis das Stillen reibungslos klappt
Viele Gäste sorgen für viel Trubel, der dich unter Druck setzen und dein Baby beunruhigen kann. - Richte dir eine gemütliche Stillecke ein
Achte auf eine entspannte Stillposition, denn eine verkrampfte Sitzhaltung kann zu schmerzhaften Verspannungen führen. Benutze Kissen, Stillkissen, Decken, ein kleines Höckerchen für die Füße und andere Utensilien, um es dir beim Stillen bequem zu machen. - Stelle dir ausreichend Essen und Trinken zum Stillen bereit
Stillen macht hungrig! Achte auf ausgewogene und regelmäßige Hauptmahlzeiten und bereite dir „für Zwischendurch“ am besten ein paar Kleinigkeiten vor (z.B. Obst, Schnittchen, Müsliriegel, Studentenfutter), die du vor dem Stillen mit einer Flasche Wasser in greifbare Nähe stellen kannst. - Versuche zu schlafen/ zur Ruhe zu kommen, wenn dein Kind schläft
Geh beispielsweise am Abend früher schlafen oder lege dich tagsüber mit hin, denn dein Schlafdefizit kann zu einem großen Stressfaktor werden – auch für die Beziehung! - Lass dein Kind in deiner Nähe schlafen
Entweder direkt neben dir oder in einem Beistellbettchen (siehe auch „Problemzone Familienbett„). So musst du nicht extra aufstehen zum Stillen und kannst schneller wieder einschlafen. - Lasse den Haushalt warten
Überlege dir, was du wirklich brauchst bzw. machen musst und versuche Prioritäten zu setzen. Essen und gewaschene Kleidung sind wichtig. Ungeputzte Fenster beispielsweise können warten. - Nimm Hilfe an
Bitte Freunde oder Familie um Hilfe und trau dich sie anzunehmen, damit du zu Kräften kommen kannst. - Sorge für Dich
Versuche dir kleine Auszeiten zu nehmen, um Energie für die nächste „Babyetappe“ zu tanken. Oft reichen schon Kleinigkeiten aus, wie eine ausgiebige, heiße Dusche oder ein Spaziergang an der frischen Luft. - Frag (d)eine Stillberaterin
Bei Stillfragen kannst du jederzeit kostenlos eine ehrenamtliche Stillberaterin der LLL (La Leche Liga) oder der AFS (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) kontaktieren. - Frag (d)eine Hebamme
Bei Sorgen und Fragen rund ums Baby, kannst du dich während der gesamten Stillzeit an eine Hebamme wenden. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse. - Höre auf dein Bauchgefühl
Was auch immer dir geraten wird, mache das, was sich für dich gut anfühlt. Tu das, was dein Baby beruhigt und ihm gut tut.
Stillen und das Körpergefühl
Mir war nicht bewusst, welchen Einfluss die eigene Wahrnehmung auf das Stillen haben kann, bis ich das Buch „Vom Glück des Stillens“ von Eva Herman gelesen habe. Sie beschreibt darin ausführlich wie sehr sich das eigene Körpergefühl auf die Stillfähigkeit auswirkt und behauptet, dass „man die körperliche Intimität zwischen Mutter und Kind als Spiegel ansehen kann für die Gefühle der Mutter ihrem eigenen Körper gegenüber.“ [7] Ich wage zu bezweifeln, dass das auf jede Mutter zutrifft, aber auf einige sicherlich.
Stillunfähig bei Schamgefühl?
(Künstlerin: Renata Domalska, Bildquelle: http://www.touchofart.eu)
Ich kenne Frauen, die sehr unzufrieden mit ihrem Äußeren sind und entweder keine gute oder gar keine Stillbeziehung führen konnten. Ein Zufall? Nicht für Eva Herman: „Wenn eine Frau sich ihres Körpers schämt, ist es ihr kaum möglich dem Säugling mit Zärtlichkeit und Liebe die Brust zu reichen. […] Das Kind wird die Vorbehalte der Mutter spüren und im schlimmsten Fall die Brust verweigern.“ [8]
Der Vergleich mit dem Liebesakt ist auch hier sehr treffend. Fühlt sich Frau beispielsweise zu dick, wird sie versuchen den Bauch einzuziehen oder eine optisch ansprechende Sitz- oder Liegeposition einzunehmen, anstatt sich ungehemmt auf den Partner einzulassen. Wem permanent das eigene Äußere durch den Kopf schießt, wird kaum einen (echten) emotionalen Höhenflug erleben können – auch wenn der Partner vielleicht nichts davon merkt.
Babys dagegen sind, wie oben bereits erwähnt, sehr feinsinnig. „Es gibt sensible Babys, die sofort wahrnehmen, wenn die Mutter unruhig wird und entsprechend ebenso mit Unruhe reagieren, sind doch die Eltern der Sicherheitsfaktor schlechthin für das Neugeborene. Die Unruhe des Babys kann dann wiederum für neue Unsicherheiten der Mutter sorgen“ (siehe auch „Entspannte Mutter – entspanntes Baby„). Es entsteht eine Abwärtsspirale, die sich kaum aufhalten lässt.
Was tun?
Diese Art von Stillproblem beim Schopfe zu packen ist recht schwierig, da viele Frauen nicht ahnen, dass es einen Zusammenhang zwischen Stillproblem und der eigenen, negativen Körperwahrnehmung geben kann.
Statt kluge Ratschläge zu geben, möchte ich deshalb die Schwierigkeit, den eigenen Körper anzunehmen als mögliche Ursache für Stillunfähigkeit ins Bewusstsein rufen. Denn das Wissen darüber kann bereits Hilfe genug sein.
Stillen und der Partner
Wie eine Frau das Stillen erlebt und wie lange sie stillt, hängt natürlich auch von der Denkweise des Partners ab. „Viele Studien zeigen wie verblüffend stark der Einfluss der väterlichen Meinung ist“, bemerkt Kinderarzt Dr. Renz Polster.[9] Doch so verblüffend finde ich das nicht, schließlich will Frau ihrem Partner gefallen – nicht nur durch hübsches Aussehen, sondern auch durch entsprechendes Verhalten. Manche gewöhnen sich das Rauchen ab, einige lassen das Stillen sein, je nachdem was vom Partner in welchem Ausmaß kritisiert oder erwartet wird und wie Frau damit umgeht.
Stillen ist nicht jederMANNs Sache
Im Gegenteil, stillt eine Frau ihr Baby mit voller Hingabe und Überzeugung, kann das beim Partner sehr negative Gefühle erzeugen. Manche sind verunsichert, weil sie nicht wissen, wie sie das Baby ohne Brust beruhigen können. Einige reagieren eifersüchtig, weil der Nachwuchs wesentlich mehr Streicheleinheiten erhält. Manche fühlen sich vernachlässigt oder sogar ausgeschlossen, weil ihre Frau nur noch Zärtlichkeiten mit dem Baby austauscht. Die Liste der schlechten Gefühle lässt sich beliebig verlängern.
Stört das Stillen den Partner, wird es unweigerlich auch für die Mutter zum Problem. Frauen sind harmoniebedürftig und nur wenige kämpfen für ihren Stillwunsch, wenn der eigene Mann dagegen ist. Frauen dagegen, die von ihren Partnern Anteilnahme und Unterstützung in Sachen Kinderernährung erfahren, stillen ihre Babys in Summe länger.
Unser Mädchen und ich, wir hatten großes Glück, denn Thomas befürwortete von Beginn an das Stillen. Obwohl er sich manchmal vernachlässigt fühlte, weil mein Bedarf an Nähe (zumindest phasenweise) gedeckt war, unterstützte er uns und gab mir immer das Gefühl etwas ganz großartiges für unsere Tochter zu tun. Dass sie heute – mit fast 2 Jahren – immer noch gestillt wird, hat sie nicht nur mir, sondern auch Thomas zu verdanken.
Stillen ist auch Männersache (ein Wort an die Männer)
Gut informiert stillt es sich besser – das gilt für Frauen und für Männer. Wissen Männer um die Vorteile des Stillens (auch die persönlichen) und wie sie mit ihrer Frau (z.B. bei Stillproblemen) und dem Baby (auch ohne Brüste) umgehen können, unterstützen sie ihre Partnerin gerne tatkräftig.
Abneigungen gegen das Stillen basieren oft auf mangelnden oder falschen Informationen und Unsicherheit. Wer einen Geburtsvorbereitungskurs mit seiner Partnerin besucht, hat die Möglichkeit Vorstellung und Realität abzugleichen. Gespräche mit bereits „stillenden“ Vätern können ebenfalls Befürchtungen und Zweifel aus dem Weg räumen.
Negative Gefühle bzw. Gedanken sind normal und gehören dazu. Das einzige, was da hilft ist reden – so schwer es auch fällt. Gemeinsam mit deiner Partnerin kannst du herauszufinden, ob hinter dem Stillproblem nicht doch eher ein Partnerschaftsproblem liegt und welche Lösungsansätze ihr finden könnt.
Zwei Dinge sollte man(n) sich jedoch bewusst machen: Kinder verändern das Leben und die Beziehung, ob sie gestillt werden oder nicht. Des weiteren ist das Abstillen zwar jederzeit möglich, es lässt aber bestehende Probleme nicht einfach verpuffen. Im Gegenteil, meist kommen neue Hürden hinzu, wie das nächtliche Zubereiten der Milchfläschchen. Bevor eine endgültige Entscheidung gefällt wird, solltest du dich fragen, ob du bereit bist die Konsequenzen (mit) zu tragen?
Stillen und das Umfeld
„Alle Menschen zu denen die stillende Mutter Kontakt hat, können in irgendeiner Form zum Erfolg oder Misserfolg der Stillbeziehung beitragen.“[10] Geraten unerfahrene Mütter von Anfang an in schlechte Hände, z.B. wenn ausschließlich ruppiges Krankenhauspersonal das Stillen betreut, kann der Stillstart schnell zum Fehlstart werden.
Die Stillzeit wird insgesamt je angenehmer, je positiver die Umwelt reagiert. Häufen sich negative Reaktionen, wie etwa kluge Ratschläge, dumme Kommentare oder schiefe Blicke, sowohl von Laien (z.B. Freunde, Verwandte, Passanten) wie auch von Fachleuten (z.B. Ärzte, Psychologen), wird Frau zunehmend unter Druck gesetzt (siehe auch: „Häufige Fragen zum Langzeitstillen„).
Die Einstellung der Gesellschaft hat außerdem Einfluss auf die Stilldauer. „Und da scheint einige Verwirrung zu herrschen: Einerseits wird […] Muttermilch als das Beste für das Kind angesehen, […] andererseits wird langes Stillen teilweise mit Argwohn betrachtet.“[11] Das lässt sich auch durch Zahlen belegen: Über 90% der Kinder werden in Deutschland nach der Geburt gestillt, nur noch 40-50% mit 6 Monaten (siehe auch: „Stillen in Deutschland eine Bestandsaufnahme„). Wer durchhält und seinem Kind auch noch mit einem Jahr oder länger die Brust gibt, muss mit Vorurteilen und Anfeindungen rechnen (siehe auch: „Langzeitstillen – warum Mütter sich dafür entscheiden„). Diese zu ignorieren und mit Frohgefühl weiterzustillen erfordert ein dickes Fell und/ oder ermutigenden Zuspruch z.B. durch den Partner.
Mein Umgang mit blöden Reaktionen
Da ich meine Umgebung nicht ändern konnte, musste ich einen Weg finden mich gegen unangebrachte Bemerkungen zu wappnen. Den größten Rückhalt erhielt ich von Thomas – er baute mich jedes mal auf, wenn ich (ver-)zweifelte. Außerdem halfen mir Informationen mein Wissen zu festigen und somit mein Selbstvertrauen und mein Vertrauen in unser Mädchen zu stärken. Ich habe zudem gelernt bei überflüssigen Kommentaren auf Durchzug zu schalten bzw. Blicke zu ignorieren, in dem ich mit meiner Aufmerksamkeit ganz bei unserem Mädchen war, wenn ich sie in der Öffentlichkeit stillte. Als ich dann nach 12 Monaten die einzige noch stillende Mami im Freundeskreis war, schloss ich mich einer Stillgruppe an, um Gleichgesinnte zu treffen. Geteiltes „Leid“ ist schließlich halbes Leid.
Aggressive Werbekampagnen
Werbung beeinflusst das Denken unserer Gesellschaft – die Werbung der Babynahrungsmittelindustrie manipuliert das Bauchgefühl junger Mütter und zwar schon weit vor der Schwangerschaft. Wen wundert es da, dass sich Mütter heute nicht mehr intuitiv und mit gutem Gewissen für das Stillen entscheiden können?
Künstliche Babynahrung wird uns tagtäglich in Wort, Ton & Bild schmackhaft gemacht. Das Schlimme daran? „Werbung manipuliert besonders Konsumenten, die wenig Erfahrung haben und auch Menschen, die eine schlechte Bildung haben. Sie glauben, dass alles, was sie in der Werbung sehen, der Wahrheit entspricht“ (siehe auch: „Auswirkungen der Werbung auf die Gesellschaft„).
So heißt es beispielsweise in einem Hipp Werbespot: „Stillen ist das beste für das Baby. Danach gibt es die Hipp Combiotik Folgemilch.“ Doch was bitte schön heißt „danach“? Und warum muss das davor aufhören? Weil Muttermilch allein nicht ausreicht? Weil es sich mit dem Fläschchen besser schläft oder weil nur streng kontrollierte Milchnahrung den täglichen Nährstoff- und Vitaminbedarf ideal abdeckt? Unklare Aussagen wie diese stiften Verwirrung, denn sie lassen vermuten, dass das Stillen zeitlich befristet, also nur eine begrenzte Zeit lang das beste für das Baby ist. Unfug!
Das Geheimnis guter (oder sehr aggressiver) Werbung ist, dass sie einerseits Bedürfnisse weckt, wo keine sind. Erst durch das oben genannten Beispiel komme ich als Mutter überhaupt auf die Idee meinem Kind etwas anderes als Muttermilch zu geben. Andererseits ruft Babywerbung ausschließlich positive Emotionen hervor. Der Hipp Werbespot zeigt ununterbrochen Nahaufnahmen von glücklichen und zufriedenen Gesichtern. Das Kind scheint noch nicht einmal gemerkt zu haben, dass es statt Muttermilch Pulvermilch aus dem Fläschchen erhält. In der Realität sähe die Reaktion auf den Austausch wohl anders aus.
Außerdem lenkt Werbung Käufer gezielt, indem sie sich einer einfachen Faustregel unseres Unterbewusstseins, der sog. Rekognitionsheuristik, bedient: „Menschen, die sich zwischen mehreren Objekten (in dem Fall Milchen) entscheiden sollen, werden sich eher für jenes entscheiden, das sie wieder erkennen, das ihnen vertrauter ist.“
Und genau das ist das Stichwort: Viele Frauen vertrauen Hipp & Co heute mehr, als ihrem eigenen Körper. Mehr als der Natur!
Immer wieder glauben Mütter nicht genügend Milch oder keine sättigende (zu dünne) Milch zu haben. Sie geraten unter Druck ihrem Kind „etwas anständiges“ geben zu müssen, weil ihnen die Werbebotschaften (oder die Stimmen der Leute – das verlängerte Sprachrohr der Werbung) nicht aus dem Kopf gehen…
Stillen fördert die Entspannung
Das mag jetzt etwas paradox erscheinen, nachdem ich zeilenlang erklärt habe, dass Stillen Kopfsache ist und wie Stress das Stillen torpediert. Doch Fakt ist: Wer den Einstieg ins Stillen schafft, wird belohnt. Die Stillhormone Oxytocin und Prolaktin sind nicht nur an der Milchproduktion beteiligt, sie sorgen auch dafür, dass die Mutter am Ball bleibt.
Oxytocin löst Glücks- und Liebesgefühle aus und fördert die Mutter Kind Bindung.
Direkter Hautkontakt verstärkt übrigens die Oxytocinausschüttung. Dies geschieht bei Frauen und Männern gleichermaßen, und genauso bei den Babys. Vor allem diese Hormonausschüttung bewirkt, dass direkter Hautkontakt beruhigt, den Blutdruck senkt und Gefühle der Verbundenheit verstärkt.
Prolaktin wird auch als Mütterlichkeitshormon bezeichnet, da es der Mutter hilft gelassener auf ihr Kind zu reagieren. Prolaktin erhöht die Stresstoleranz (über Senkung des Cortisolspiegels), es wirkt entspannend und angstlösend.
„Stillen ist also eines der Dinge, die die Mutter nicht nur fordert, sondern ihr auch etwas gibt – es verhilft zu einem Gleichgewicht von gegenseitigem Geben und Nehmen bei Mutter und Baby.“[12]
Schlussgedanke
Versuche deinen Kopf von all den großen und kleinen Sorgen des Lebens weitestgehend zu befreien, setzte deinen Kopf gegen alle Bedenken und Bemerkungen durch, aber behalte stets im Hinterkopf, dass die ersten Stillversuche vielleicht nicht die erhoffte Freude oder Erfüllung bringen (der Vergleich mit dem Liebesspiel). Betrachte deinen Körper als Geschenk und vertraue auf deine intuitiven Fähigkeiten als Mutter. Vertraue dir und deinem Kind, statt dir permanent den Kopf zu zerbrechen. Denn Stillen sollte keine Kopfsache sein. Stillen ist eine Herzensangelegenheit.
- Renz-Polster, Herbert: Kinder verstehen (2012), 46.↵
- Lothrop, Hannah: Das Stillbuch (2012), 35.↵
- Lothrop, Hannah: Das Stillbuch (2012), 37.↵
- La Leche Liga: Das Handbuch für stillende Mütter (2001), 335.↵
- Lothrop, Hannah: Das Stillbuch (2012), 129.↵
- Stadelmann, Ingeborg: Die Hebammensprechstunde (2005), 148.↵
- Herman, Eva: Vom Glück des Stillens (2003), 68.↵
- Herman, Eva: Vom Glück des Stillens (2003), 68.↵
- Renz-Polster, Herbert: Langzeitstillen: wo ist das Problem? http://www.kinderverstehen.de/images/langzeitstillen_lang.pdf↵
- Renz-Polster, Herbert: Langzeitstillen: wo ist das Problem? http://www.kinderverstehen.de/images/langzeitstillen_lang.pdf↵
- La Leche Liga: Das Handbuch für stillende Mütter (2001), 46.↵
- La Leche Liga: Das Handbuch für stillende Mütter (2001), 46.↵
Comments 44
Ich kann das Stillbuch von der Hannah Lothrop empfehlen – ich hatte es. Auch wenn es schon 32 Jahre her ist – ich bin mit meiner Tochter aus dem Krankenhaus wo sie mit Flasche gefüttert wurde, die Schwester hatte sie mit GEwalt an meine Brust gedrückt was bei ihr ein heftiges schreien ausgelöst hat, klar, oder? Zuhause dann mit fast keinem Milchfluss mehr fing ich an zu stillen – jedesmal vor der Flasche, kämpfte mich durch schmerzende Brustwarzen, doch ich wollte unbedingt stillen. Und – nach einer Woche stillte ich voll, und das hab ich bis sie gegessen hat, auch beim 2. Kind. Es gab keine Flaschen. Ich hab auch eine Brustentzüdung überstanden, und weiter gestillt, ohne Arzt, weil in dem Buch über alles was zu finden ist – und das funktioniert!
Ich drück jeder Frau die Daumen und kann euch sagen, es lohnt sich – meine beiden inzwischen längst erwachsenen Kinder sind gesund, schlank, sportlich, stehen mitten im Leben. Und grad bei der GEsundheit bin ich mir sicher dass das Stillen massgeblich beteiligt ist.
Author
Das ist wirklich ein tolles Buch. Ich kann es ebenfalls sehr empfehlen!
Ich kann nicht glauben, dass es so wenig Mütter geben soll, die nicht stillen können. Ich gehöre dann wohl dazu. Ich habe vor 3 Monaten das zweite Kind bekommen und habe wie bereits beim ersten Kind nicht genug Milch. Den größten Teil zieht sich die Kleine aus der Flasche, der Rest kommt quasi als Brustaperitif. Es ist ein schreckliches Gefühl, wenn das eigene Kind nach vielen Stunden nahezu ununterbrochenen Anlegens immer noch vor Hunger weint. Und wie gut tut es, wenn es nach dem Zufüttern das erste Mal zufrieden einschläft.Beim ersten Kind habe ich mich zwei Wochen gequält, beim zweiten war nach 6 Tagen Schluss. Ein schlechtes Gewissen hatte ich beim ersten Kind, jetzt hoffe ich einfach, dass es so lang wie möglich mit der „Teilbrusternährung“ klappt. Ich finde es gut, wenn Stillen nicht zun Dogma erhoben wird, denn wie hier schon gesagt wurde, ist man keine gute Mutter nur, weil man stillt. Da gehört weitaus mehr dazu.
Author
Liebe Franziska,
biologisch gesehen sind nur ca. 3% der Frauen nicht in der Lage zu stillen. Es gibt aber viel, viel mehr Mütter, die aus verschiedenen anderen Gründen nicht stillen können – Du bist also nicht allein auf weiter Flur.
Das Stillen und Fläschchen geben, wird wahrscheinlich nicht sehr lange parallel funktionieren, da nur regelmäßiges, intensives Trinken an der Brust die Milchproduktion aufrecht erhält. Wenn Dein Kind das Trinken aus der Flasche gut findet (es ist viel einfacher als an der Brust zu trinken), wird es sich sehr wahrscheinlich recht schnell abstillen. Das nur als Info.
Das mit dem Abstillen warte ich ab. Bis jetzt trinkt sie noch ausreichend und kräftig an der Brust und reicht nachts sogar damit. Die Sauger, die wir benutzen, scheinen nicht allzu einfach zu sein, denn hier wird sie manchmal wütender als an der Brust. Ach, ich seh es gelassen und lass mich überraschen. Wir haben von Bockshornklee über Akupunktur, LCP-Tropfen, Malzkaffee etc. alles Mögliche probiert. Es wurde einfach nicht mehr. Ebenso beim ersten Kind.
Author
Das ist die beste Einstellung! Schau einfach, was passiert. Sie wird Dir schon sagen, was sie (lieber) möchte. In jedem Falle wünsche ich Euch alles Gute!
Hallo!
Ich bin gerade zufällig auf diesen Artikel gestoßen und finde ihn super! Sachlich und doch einfühlsam.
Im Nachhinein meine ich zu erkennen, dass einige der genannten Faktoren bei mir zusammengekommen sind. Schade, dass so viel Fachpersonal von oben genannten Faktoren nichts weiß (oder wissen will?). Egal bei wem ich vorgesprochen habe, alle Ärzte haben zum Abstillen geraten (Gyn, Kinderarzt, Hausarzt, usw.) und meinen Stillwunsch abgetan oder belächelt. Alleine Hebeamme und Stillberaterin haben sich bemüht.
Immer noch schwierig sehe ich den Entspannungsfaktor. Wie soll man sich denn willentlich entspannen können, in so einer aufregenden und hormonell anstrengenden Situation? Wenn ich für jedes „Entspannen Sie sich“ 5 Euro bekommen hätte, wäre ich jetzt reich… Der Druck hat sich natürlich immer weiter aufgebaut. Und wenn ein Kind stundenlang vor Hunger brüllt, fällt enspannen irgendwann auch schwerer und schwerer.
Ich schweife ab. Entschuldigung. Toller Artikel!
Hallo 🙂
Ich konnte meine Tochter nicht stillen, obwohl ich es wollte. Sie war ein Not-KS und ich hatte in den ersten Tagen große Schmerzen und konnte nur im Liegen bzw. so einem Zwischending aus Liegen und Sitzen stillen (und null entspannt, denn der ganze Bauch tat weh). Innerhalb von zwei Tagen waren meine Brustwarzen blutig, mein Kind hat zwar laut der Schwestern und meiner Hebamme richtig an der Brust gelegen, aber nach einer Woche nur noch blutender BW’s (und keine Creme hat geholfen), konnte ich nicht mehr. Ich habe beim Stillen geweint, so weh tat es. Mein Eindruck war auch, dass er sehr ungeduldig war beim Trinken und die Brustwarze immer wieder verloren hat. Milch war genug da.
Ich habe dann abgepumpt. Danach haben wir es mit Stillhütchen versucht, das ging gar nicht, da wollte er nichts trinken und immer wenn ich ihn wieder angelegt habe, waren die Brustwarzen in kürzester Zeit erneut blutig. Mein nächstes Kind (in Planung) möchte ich so gern stillen und wüsste gerne, was man besser machen kann?
Ist es normal, dass die Brustwarzen am Anfang soooo sehr leiden? Wird das irgendwann besser?
Viele Grüße
Sonja
Author
Liebe Sonja,
was für eine traurige Stillgeschichte 🙁
Nein, es ist nicht normal, dass Brustwarzen sooo leiden. Sie können in den ersten Tagen sehr empfindlich sein, aber nicht blutig! Per Ferndiagnose ist es im Nachhinein schwierig zu sagen, was genau die Ursache war. Es ist durchaus möglich, dass Dein Baby Deine durch die Schmerzen verursachte Unruhe gespürt hat und selbst unruhig wurde. Beim Stillen ist wichtig, dass die Brustwarze während des gesamten Stillvorganges tief in den Mund des Kindes „gezogen“ wird. Nuckelt das Baby nur auf der Brustwarze, z.B. weil es immer wieder absetzt, leidet die BW.
Manchmal hilft eine andere Stillposition, z.B. die „Fussballerhaltung“: https://www.youtube.com/watch?v=Oqaf4Esf-Og
Oder Stillen im Liegen: https://www.youtube.com/watch?v=uiTsylT73xs
Eine Stillposition, die die Brustwarzen schont ist diese hier: http://www.stillkinder.de/pdf/asymmetrische_anlegetechnik.pdf
Zum Schluss noch ein paar Bilder zum richtigen Anlegen: http://www.ardo.ch/stillen-anlegen-an-brust.html
Im Zweifelsfall vor der Geburt eine gute Stillberaterin in Deiner Nähe suchen. Aus welcher Gegend kommst Du denn?
Lg Kathrin
Liebe Sonja,
hier noch einmal ein Zwischenstand meinerseits: Es klappt bis dato immer noch recht gut: Meine Tochter genießt sowohl meine wenige Milch aus der Brust als auch die zugefütterte Flasche. Ich hätte nie gedacht, dass ich das 5 Monate schaffe und dass die Kleine so lange mitspielt. Unlängst habe ich gelesen, dass es nach der Geburt günstig sei, das Baby nicht zu lange vor Hunger schreien zu lassen und lieber beizeiten mit einer Spritze, Löffel o.ä. zuzufüttern. Dadurch macht es keine allzu frustrierenden Erfahrungen an der Brust und man kann dem Körper Zeit geben, allmählich im Alltag mit dem Baby anzukommen und die Milchproduktion zu steigern und das Zufüttern bestenfalls wieder zu beenden. Ich finde, das klingt gar nicht so unlogisch.
Herzliche Grüße Franziska
Author
Liebe Franziska, schön dass es bei Euch auf diese Weise so gut geklappt hat. Über das schnelle Zufüttern scheiden sich die Geister.
Hat eine Mutter die Möglichkeit, die Muße und die Zeit ihr Baby nach Bedarf (bei frühen Hungeranzeichen und nicht erst wenn es vor Hunger schreit) anzulegen, und das kann – bis Mutter und Kind ein eingespieltes Team sind, jede Stunde sein – dann ist es möglich die Milchmenge auch ohne Zufüttern zu steigern. Doch, wenn die Rahmenbedingungen (ältere Geschwisterkinder/ alleinerziehend usw.) nicht passen, kann das Zufüttern Druck nehmen, da gebe ich Dir völlig Recht. Und anhand eures Beispiels kann man ja hervorragend sehen, dass Zufüttern nicht automatisch Abstillen bedeuten muss 😉
Alles Gute euch,
Kathrin
Sorry, ich habe die Anrede falsch gewählt: Ich meinte liebe Kathrin 🙂
Liebe Kathrin,
vielen vielen Dank für deine tollen Berichte. Ich war schon am Verzweifeln, weil meine Tochter (6 Monate) einfach keinen Brei essen will, seit fast einem Monat versuche ich Tag für Tag Löffelchen für Löffelchen sie für Brei zu begeistern. Es klappte einfach nicht. Heute mittag habe ich beschlossen den Brei Brei sein zu lassen und es irgendwie anders mit fester Nahrung (gedünstet) direkt zu versuchen. Dann bin ich heute Abend auf diese Seite gestoßen (durch Zufall), ich bin begeistert, vor allem von dem Beikoststart als Baby-led-Weaning. Da ich seit Monaten nach Bedarf stille, habe ich mich sowieso auch sehr schwer getan, den richtigen Zeitpunkt zu finden für die Einführung einer Breimahlzeit. Im Nachhinein betrachtet, habe ich mich selbst damit auch nicht so wirklich wohl gefühlt, ich stille einfach super gerne und hoffe, lange stillen zu können. Idealerweise stillt sich mein Kind irgendwann einfach selbst ab und für mich ist es dann zu diesem Zeitpunkt auch in Ordnung. Allerdings mache ich mir schon etwas Sorgen, dass mein Umfeld (meine Eltern, Freunde, Bekannte, evtl. mein Mann) komisch reagiert, wenn ich gefühlt „ewig“ weiterstille, ich hoffe dann, dass ich den Mut habe, trotzdem damit weiterzumachen. Es ist schön, hier zu lesen, dass es doch so viele Mütter gibt, die richtig lange (für deutsche Verhältnisse) weiterstillen, das gibt mir selbst auch Überzeugung und Kraft. Danke!
Herzliche Grüße
Silvia
Author
Liebe Silvia, meine Erfahrung ist, dass das Umfeld dann wenig reagiert, wenn die Mutter es schafft, sehr selbstbewusst zu bleiben und gute Antworten (Argumente) zu liefern. Es ist einfach wunderbar sein Kind so lange es möchte, mit der Brust zu nähren. Es ist wunderbar für Mutter und Kind – lass Dir niemals etwas anderes einreden!
Herzliche Grüße
kathrin
Hallo Kathrin
die Geschichte von Franziska kommt mir bekannt vor. Ich habe im März mein drittes Kind bekommen. Ich habe alle Kinder zumindest versucht zu stillen. Es hat von Kind zu Kind besser funktioniert. Deshalb klingt es für mich logisch wenn Du sagst, dass das Wissen über die Probleme beim Stillen wichtig ist. Beim ersten Kind war ich sehr naiv. Ich habe mir alles problemlos vorgestellt. Beginnend mit der Geburt. Doch ich wurde schnell auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Ich wäre beim ersten Kind fast verblutet. Wahr sehr schwach nach der Geburt und konnte mit den ganzen Einflüssen gar nicht richtig umgehen. Ich war 10 Tage im Krankenhaus und als es hieß ich darf nach Hause kam die Milch. Sie ging aber auch schnell wieder als wir wegen zu hoher Gelbsuchtwerte doch bleiben mussten. So zog es sich, bis mein Sohn nicht mehr an die Brust wollte ich Fieber bekam und mir alles zu viel wurde. Überfordert mit der Situation rutschte ich eine kleine Wochenbettdepression. Ich hatte Hilfe und ich kam schnell wieder auf den richtigen Pfad. Beim zweiten Kind war ich schlauer. Ich wusste das nicht alles Gold ist was glänzt. Ich habe mich auch auf die Probleme die auf einen zukommen können eingestellt. Es lief gut. Die Schwestern lobten mich, ich hätte aber schon sehr viel Milch. Mir ging es gut. Ich wunderte mich nur das ich die Milcheinschuss nicht gemerkt habe. Ich wusste nicht das es normal sein kann da ich beim ersten dachte die Brust verbrennt gleich. Somit habe ich bei meiner Hebamme zu Hause nachgefragt ob sie mir helfen kann. Ihr Kommentar war: Warum willst du denn stillen? Ich sagte warum denn nicht. Sie sagte: Hat doch bei Finn auch nicht geklappt. Das hat mich sehr getroffen. Ich zweifelte an mir. Und wurde bestätigt als sich die Milchmenge nicht steigern ließ. Zusätzlich kam das mein Mann nicht lange Urlaub hatte weil er eine neue Stelle hatte und ich mir total Gedanken gemacht habe wie ich es mit dem Großen machen soll. Nach 10 Tagen Kampf mit allen Mitteln wie Kügelchen, Malzbier, Kiba… habe ich gesagt ich still ab. Der Druck war weg und da kam die Milch. Doch die Hebamme meinte das wäre nicht von Dauer, also stillte ich schweren Herzens ab. (Kopfsache?) Aber auch mein drittes Kind wollte ich versuchen zu stillen. Es lief alles Komplikationslos. Auch im Krankenhaus. Ich habe nicht ein einziges Mal abgepumpt. Ich hatte diesmal vorher mit der Hebamme drüber geredet das ich es zumindest versuchen will. Sie ging voll drauf ein. Ich war endspannt. Der kleine hatte gerade mal 90 Gramm abgenommen (Geburtsgewicht 3800 Gr., niedrigstes Gewicht 3710 Gr.) Es lief fantastisch, das man den Milcheinschuss nicht merken muss kannte ich ja. Ich war so stolz auf mich. Ich kam nach Hause und es lief immer noch super, der Kleine nahm gut zu trotz der Gelbsucht, Die Hebamme wog ihn jeden Tag wegen der Gelbsucht. Und dann genau nach einer Woche hatte er ein Mal 20 Gramm abgenommen. Und obwohl die Hebamme mir diesmal wirklich Mut machte und sagte das es von einmal mehr Pippi machen kommen kann, gingen bei mir alle Alarmglocken. Das nächste Stillen dauerte 2 Stunden am Stück. Ich war auf mal total verunsichert. Und so zog es sich. Sie wog ihn 2 Tage später wieder, er nahm 4o Gramm zu, dann wieder 20 Gramm ab. Sie sagte ich müsse zu füttern. Es reiche nicht zum zunehmen. Sie machte mir aber immer noch Mut. Trotzdem habe ich mich da schon als Versagerin gefühlt. Ich habe mal abgepumpt, fühlte mich aber unwohl dabei. Das war nie was für mich. Es war nicht so viel wie die Hebamme erhofft hat. Nachdem ich noch eine Magen-Darm Grippe hatte, und die Milch für kurze Zeit ziemlich zurück ging, habe ich den Moment zum Abstillen genutzt. Da war der Kleine 3 Wochen alt. Zu stillen, zu füttern und dann noch zwei Kinder dabei, das habe ich mir nicht mehr zugetraut. Und die Unterstützung in dem Sinne das sich Oma oder so um die Großen kümmern hatte ich in dem Sinn nicht.
Ich bin ein totaler Kopfmensch. Ich habe heute noch damit zu kämpfen das es nicht geklappt hat. Es tat mir so gut deinen Block zu lesen weil es mir etwas Schuldgefühle nimmt. Für mich ist es am quälendsten zu wissen warum sich die Milchmenge nicht einfach steigern ließ, nachdem es doch so super begonnen hat? Die Hebamme sagte immer nur das sind die Hormone. Wie unbefriedigend dachte ich. Ich habe mir sogar Blut abnehmen lassen. Alles in Ordnung. Die Frauenärztin machte mir zum ersten Mal Mut. Sie sagte mir es ist zu 95 % Kopfsache. Ja, und trotzdem ist es traurig aber man kann die Gedanken nicht einfach abstellen. Und meine Umgebung war bis auf meinen Mann auch nicht sehr stillfreundlich gesonnen. Ich wurde z.B. selbst auch nicht gestillt weil es so war als ich geboren bin und meine Mutter dem endsprechen auch die Meinung dazu hatte.
Durch deinen Bericht versteh ich es noch besser. Und so unrecht hatte die Hebamme ja dann wohl auch nicht mit den Hormonen!?
Sorry das ich so viel geschrieben habe, aber vielleicht erkennt ja jemand sein Leid auch bei mir wieder.
Liebe Grüße
Anja
Author
Liebe Anja,
vielen Dank für Deinen ausführlichen, ehrlichen Bericht. Sehr wahrscheinlich ein gutes Beispiel dafür wie sehr das Stillen von unseren Gedanken und den Aussagen unserer Mitmenschen abhängt. Ich kenne viele Frauen, die nicht stillen konnten und denen bereits vor der Geburt immer wieder gesagt wurde, dass sie eh nicht stillen können (wegen der Form der Brüste, weil in der Familie keine Frau stillen konnte u.s.w.). Wirklich traurig, denn so sehr man sich bewusst dagegen wehren möchte, es bleibt im Kopf hängen…
Vielleicht ist das Buch „Stillen ohne Zwang“ auch etwas für Dich? Um Deine Geschichte noch mal innerlich aufzuarbeiten?
https://nestling.org/stillen-ohne-zwang-sibylle-lupold/
Liebe Grüße
Kathrin
Liebe Kathrin,
ich möchte Dir für Deine wunderbare Seite danken! Ich danke Dir vor allem für Deine Offenheit!
Ich lese sehr viele Deiner Artikel und fühle mich immer so verstanden und habe das Gefühl, die Verteidigungshaltung (die ich mir teilweise schon zugelegt habe, was das Stillen oder das Familienbett betrifft) ablegen zu können. Das ist unglaublich befreiend.
Ich wollte Dich mal fragen, ab wann Du nur noch abends und nachts gestillt hast. Meine Kleine ist gerade ein Jahr geworden und ich stille auch noch tagsüber häufiger.
Ich wünsche Dir alles gute und mach bitte weiter so!!!