Was passierte, als ich einen Tag lang nicht mit meinen Kindern schimpfte

Kathrin Elternsein 22 Kommentare

Vor kurzem erlebte ich einen so wunderbar entspannten Tag mit meinen Nestlingen wie schon lange nicht mehr. Kein Meckern, kein Motzen, dafür pure Harmonie. Das war keineswegs Zufall, sondern das aufschlussreiche Ergebnis eines kleinen Experiments, welches meine Gedanken von 2013 wieder einmal bestätigte:

„Erst im Laufe der Zeit begriff ich, dass unser Mädchen (m)ein Spiegel ist, der mir ganz deutlich zeigt, wie es um mich selbst bestellt ist. […] Ändere ich MICH und MEIN VERHALTEN, dann ändert sich interessanterweise auch mein Spiegelbild“ (siehe „Aggressives Verhalten beim Kind: Eine Selbstreflexion“).

Empathie statt Schimpftiraden

Zu dem Experiment hatte mich dieser Aufruf auf der Facebookseite von Elternmorphose veranlasst: “Probiert das mal einen Tag lang ganz bewusst. Nicht schimpfen. Immer in den Dialog gehen. Ich finde das Ergebnis unglaublich beeindruckend.“ Darunter ein verlinkter Artikel mit dem Titel „Empathie statt Schimpftiraden“.

Ich hatte keine Zeit den Beitrag zu lesen, aber allein die Überschrift erinnerte mich daran, wie ich mit meinen Kindern gerne im Alltag umgehen möchte (liebevoll, respektvoll, empathisch, wertschätzend und so weiter) und dass ich es so oft nicht hinbekomme. Manchmal geht es mir so ähnlich wie Andrea von Runzelfüßchen: „Ich werde unfair […] und motze. Und motze und motze.  Und fühle mich elend. […] Weil ich immer lese, dass Kinder kooperieren wollen. Weil ich weiß, dass Kinder unschuldig sind und meine Kleinen all das eigentlich gar nicht verdient haben“ (siehe „Über motzende Mütter“).

Was ich an jenem Tag anders machte

Ich nahm die Herausforderung nicht zu schimpfen an und anschließend mich und mein Inneres in jeder potentiellen Konfliktsituation mit den Nestlingen genauestens unter die Lupe. Ich versuchte bewusst und konzentriert eine Alternative zum Meckern zu finden, statt unbedacht und impulsartig zu reagieren. Das klappte hervorragend.

Der Bub (2 Jahre) ließ beispielsweise seine Gummiente so heftig in die Wanne hüpfen, dass das Badewasser in hohem Bogen raus spritzte. Anstatt einzuschreiten, fragte ich „Kann die Ente auch leise eintauchen?“ Er entgegnete ein entschiedenes „Nein!“ und schleuderte das Gummitier noch kräftiger ins Wasser. „Kann sie sanft übers Wasser gleiten?“ Er schmiss sie erneut mit voller Wucht ins Wasser, laut lachend versteht sich. Das nun überschwemmte Badezimmer wäre an schlechten Tagen eine gute Steilvorlage für einen Streit gewesen à la „Wenn Du nicht aufhörst, kommt die Ente weg!“ Doch an dem Tag blieb ich ruhig und startete ein erfolgreiches Ablenkungsmanöver: „Möchte die Ente vielleicht mit meinem Boot (welches ich verführerisch auf dem Schaum „schaukeln“ ließ) mitfahren?“ „Au ja!“ Und erstaunlicherweise war das Thema damit erledigt.

Mit dem Mädchen (5 Jahre) kann ich natürlich wesentlich besser in den Dialog gehen und Möglichkeiten dafür boten sich viele. Wir sind zum Beispiel zwei Stunden lang bei Null Grad durch den Zoo gelaufen und am Ende wollte sie auf dem Zoospielplatz klettern und an Eisenketten hangeln. Ich bat sie mehrfach darum, ihre Handschuhe anzuziehen, weil es echt kalt war und ich sah, dass sie fror. Aber sie ignorierte mich. Ich spürte meinen Ärger aufsteigen, weil sie so stur war, aber statt sie zu mit Druck zum Anziehen der Handschuhe zu bringen, holte ich tief Luft und sagte in wesentlich milderem Ton „Ach mach doch was Du willst. Ich wollte nur deshalb, dass Du Deine Handschuhe anziehst, weil Deine Finger schon blau und steif sind. Wenn Du an diesen Eisendingern hangelst, werden sie Dir vermutlich sehr weh tun. Ich bin besorgt um Deine Gesundheit und möchte, dass es Dir gut geht. Aber es ist Deine Entscheidung, ob Du sie anziehen möchtest oder nicht.“ Sie antwortete nur „Na gut, Mami!“, zog die Handschuhe an und freute sich, dass das Hangeln auch mit Stoff an den Händen klappte, was in dem Moment wahrscheinlich ihre größte Sorge war.

In beiden Situationen blieb mir der Protest meiner Kinder erspart, weil ich ihre Bedürfnisse erkannt und respektiert habe, anstatt sie zu beschimpfen, weil ich meine (trockenes Bad/ gesundes Kind) nicht erfüllt sah. Beim Bub ist mir eine reizvolle Alternative zu seinem ursprünglichen Spiel eingefallen, dem Mädchen habe ich meine Bedenken erklärt, aber ihr letztendlich die Entscheidung überlassen. Ähnlich geschickt manövrierte ich uns durch die viele anderen „Streit-Gelegenheiten“ des Tages und weil „Kinder Meister im Rückmelden und Spiegeln des elterlichen Verhaltens sind,“[1] deutete ich ihre entspannten Reaktionen als ein „Wenn Du so mit uns umgehst, geht es uns besser!“

Warum ich wusste, dass es funktioniert

Seit dem ich entdeckt hatte, dass das auffällige Verhalten (hauen, kratzen, beißen) unseres Mädchens, welches sie seit ihrem ersten Geburtstag gegenüber Gleichaltrigen gezeigt hatte, unter anderem im Zusammenhang mit meinem Verhalten stand, ist das ein Dauerthema bei uns.

Ihre körperlichen Attacken gegenüber anderen Kindern konnten wir zwar in einem langwierigen, komplexen Prozess auflösen (mit etwa drei Jahren war der Spuk vorbei), indem wir uns und unsere Umgebung änderten (siehe „Aggressives Verhalten beim Kind: Familylab-Familienberatung„). Doch wir durchliefen auch danach immer wieder schwierige Phasen mit ihr – Zeiten, in denen sie scheinbar nie hörte und wir nur noch „doofe Mama“ und „doofer Papa“ waren – und jeder Versuch sie zu „erziehen“, machte alles nur schlimmer.

Je gestresster Sie selbst sind, desto schlechter benimmt sich ihr Kind. (Margot Sunderland)

Letztendlich kamen wir in jeder dieser Phasen zu dem Schluss, dass sie völlig ok ist so wie sie ist, aber die jeweiligen Umstände sie überfordern. In solchen Tiefs schnappte ich mir meine „kindgerechten Bücher“ von Juul oder Renz-Polster (oder ähnlich am Kind orientierten Autoren) und holte mir jedes Mal aufs Neue einen Gedankenanstoß wie ich an unserer Beziehung arbeiten kann bzw. was es von unserer erwachsenen Seite aus zu tun gilt, damit wir besser miteinander klar kommen. Und jedes Mal, wenn wir ihr gegenüber „weicher“ wurden und unsere Art mit ihr umzugehen justierten, verschwanden die „Verhaltensprobleme“ von ganz allein.

Eine Leserin formulierte dazu treffend: „Kinder sind sehr feinfühlige Wesen und sie saugen jeden Gefühlszustand ihrer Beziehungspersonen auf. Wenn Sie sich diese Gefühle situativ nicht erklären können oder damit überfordert sind, verursacht das Verwirrung, sie reagieren irritiert. Ich glaube eher, dass kleine Kinder erhöhte innere Anspannung (nicht realisierte/integrierte Wut?) spüren und dass Sie altersgemäß keinen anderen Weg zur Verfügung haben, um sich wieder auszugleichen, sich von diesen sie belastenden Gefühlen zu entladen.“

Warum ich nicht jeden Tag so entspannt reagiere

Obwohl ich in den letzten Jahren schon so viel darüber gelesen und so positive Erfahrung damit gesammelt habe, schaffe ich es dennoch nicht, jeden Tag ruhig und entspannt zu bleiben. Das hat mehrere Gründe, aber ich beschränke mich hier auf die drei gewichtigsten:

1. Aggressionen (negative Gefühle) sind ein großer, unauslöschbarer Teil von uns

Das können wir bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen – z.B. im Straßenverkehr – sehr gut beobachten. Wenn ein Kind einem anderen etwas wegnimmt oder ein Autofahrer einem anderen die Vorfahrt, reagiert das lymbische System (unser emotionales Gehirn) unwillkürlich und weckt das Tier in uns. Das beklaute Kind brät dem anderen vermutlich eins über und der Autofahrer hupt energisch und schimpft drauf los.

Was Kinder (und auch viele Erwachsene noch) lernen müssen, ist ihre instinktiven, animalischen Impulse zu kontrollieren und bedacht zu reagieren: Die eigenen Gedanken und Gefühle rauszulassen (denn die müssen raus, damit es uns nicht schlecht geht), ohne den Gegenüber (verbal oder körperlich) zu verletzen. Dafür ist der höher entwickelte kognitive Teil des Gehirns zuständig, der dem Menschen ermöglicht logisch und analytisch zu denken und die Vor- und Nachteile einer Situation abzuwägen: Ist die Schaufel (der andere Autofahrer) es tatsächlich wert, in Kampfbereitschaft zu gehen?

„Unser emotionales Gehirn ist immer auf der Hut, beobachtet die Umwelt und löst in Stresssituationen einen Alarm aus, welcher unser Denken blockieren kann. Das ist aus evolutionärer Sicht sinnvoll, denn ein Mensch, der beim Beerensammeln nicht bemerkte, dass sich von hinten ein gefährliches Tier anschlich, war bald ein toter Mensch.“[2]

Wut bedeutet immer, ich bin mit etwas nicht einverstanden und möchte es wieder unter Kontrolle bringen. (Michalea Trnka)

2. Mangelnde Stressregulierung

Sich in Stresssituationen instinktiv zur Wehr zur setzen und sei es „nur“ durch Schreien, beherrschen wir automatisch und zwar von klein auf. Unsere negativen Gefühle nicht zu unterdrücken, aber sie dennoch so zu steuern, dass wir bedacht reagieren, bedarf dagegen eines Reifeprozesses (der kognitive Teil des Gehirnes bildet sich erst in den ersten Lebensjahren vollständig aus) und langjähriger Übung.

„Erhalten wir in unserer Kindheit ausreichend Beistand zur Bewältigung intensiver Gefühle wie Wut, Frustration und Leid, greift unser rationales Gehirn an diesem Punkt wirksam ein. Es kann uns helfen, die Situation richtig einzuschätzen und die bestmögliche Vorgehensweise zu wählen. […] Wurden wir jedoch in unserer Kindheit mit der Bewältigung dieser schmerzlichen Gefühle allein gelassen […], hat unser rationales Gehirn die notwendige Vernetzung für diese Funktion der Stressbewältigung nicht entwickelt.“[3]

Ich erhielt nicht den Beistand, den ich während meiner emotionalen Talfahrten in der Kindheit benötigt hätte (siehe auch „Ich will nicht werden wie er!“) und musste mir deshalb später (durch Therapien/ dem Lesen von hilfreicher Literatur usw.) mühsam eigene Stressregulationstechniken erarbeiten. Von meinen Eltern habe ich nur gelernt, die verbale Keule zu schwingen und „draufzuhauen“ und deswegen bin ich stolz, dass ich längst nicht mehr der Muffelkopf bin, der ich mal war. Dennoch ist mein „Stressregulationsprozess“ lange nicht abgeschlossen und es bedarf noch einiges an Übung, bis ich noch besonnener (und nicht impulsiv) reagiere.

3. Leerer Glückskessel

Dieser bildhafte Ausdruck und seine Erklärung sind so treffend und gut (aus „Der entspannte Weg durch die Trotzphase“), dass ich die entsprechende Textstelle hier kurzerhand zitiere:

„Stellen wir uns vor, im Inneren eines Menschen sei ein kleiner Kessel, der durch Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Liebe gefüllt werden will. Wenn wir etwas tun, das uns selbst glücklich macht, ohne dafür den Beifall von anderen zu benötigen, dann füllt dieses Tun allein schon den Tank in unserem Inneren ein wenig auf. Bekommen wir von anderen – sei es Familie, Freunde oder Kollegen – rückgemeldet, dass wir gut sind, so, wie wir sind, dass wir eine Bereicherung für ihr Leben darstellen, oder signalisieren Fremde uns, dass wir sie in einem winzigen Moment im Vorübergehen glücklich gemacht haben, dann füllen diese Rückmeldungen unseren Kessel bis zum Rand mit… nennen wir es der Einfachheit halber… Glück. Mit einem gut gefüllten Tank läuft es sich leicht durch das Leben. Rückschläge oder Konflikte mit Mitmenschen kann man dann locker aushalten, ignorieren oder sogar ins Positive wandeln.

Gibt es nun immer wieder Situationen, in denen uns und unserem Tun keine Wertschätzung entgegengebracht wird, dann sinkt der Pegel in unserem Inneren. Es ist dabei eigentlich egal, wer uns das Glück stiehlt. Es kann der Partner sein, der uns nicht mehr in den Arm nimmt, weil er selbst so kaputt ist. Es kann das eigene Kind sein, das morgens immer weint, weil der Papa schon auf Arbeit ist und das nicht von Mama getröstet werden will. […] Es kann ein Fremder sein, die es doof findet, den Kinderwagenplatz in der Straßenbahn für uns frei machen zu müssen, und augenrollend von dannen zieht. Stück für Stück sinkt der Pegel, bis wir plötzlich das Gefühl haben, wir seien irgendwie wertlos. Dieses Gefühl macht uns unglücklich. Da wir normalerweise nicht wissen, dass uns Wertschätzung und echte Aufmerksamkeit fehlen, reagieren wir allzu menschlich – wir folgen einem unbewussten Drang, um dieses Gefühl loszuwerden, und geben es an andere ab, indem wir mit ihnen Streit anfangen oder sie für irgendeine Nichtigkeit anmaulen. Wir nörgeln also unseren Partner an, weil er vergessen hat, die Milch zurück in den Kühlschrank zu stellen, und wir zischen dem Fremden zynisch hinterher: Na schönen Dank auch für die Freundlichkeit!“ Damit leeren wir wiederum den Tank dieser Menschen. Doch davon wird unser Kessel leider auch nicht wieder gefüllt. Eine bessere Strategie, um unser schlechtes Gefühl loszuwerden, haben wir uns meist noch nicht angeeignet, wie Marshall Rosenberg, Erfinder der gewaltfreien Kommunikation feststellt:

„Leider haben die meisten von uns nie gelernt, in Begriffen von Bedürfnissen zu denken. Wenn sich unsere Bedürfnisse nicht erfüllen, dann denken wir automatisch darüber nach, was andere falsch gemacht haben. Deshalb kritisieren wir unsere Kinder vielleicht als faul, wenn sie ihre Mäntel auf der Couch liegen lassen, nur weil wir gerne möchten, dass die Mäntel im Schrank hängen.“

Es hat doch alles keinen Sinn. Ich lerne das nie!

Ich habe eine klare Vorstellung davon wie ich mit den Kindern umgehen möchte, aber im Alltag finde ich von dieser manchmal nur noch die Ansätze.

„Wenn Eltern statt ihrer aggressiven Gefühle und Impulse von sich Geduld fordern, dann werden einige Eltern, unserer Kultur entsprechend, sich selbst abwerten und können depressiv werden mit der Haltung: „Es hat doch keinen Sinn. Ich lerne das nie!“[4]

Und tatsächlich saß ich so manches Mal mit hängendem Kopf und geplagt vom schlechten Gewissen vor Thomas, weil ich das Mädchen wieder mal unnötigerweise angefaucht hatte. Doch eines Abends entgegnete er mir: „Sei nicht so hart zu Dir selbst. Die beiden haben es ziemlich gut bei uns!“ Und damit eröffnete er mir einen völlig neuen Blick.

Ich lerne jeden Tag dazu

„Unser erwachsenes Gehirn ist leider sehr defizitorientiert. Wir erkennen schnell Dinge, die nicht rund laufen und ärgern uns darüber. Abläufe jedoch, die Tag für Tag reibungslos funktionieren, registriert unser Gehirn nicht mehr. Es erwartet schlicht, dass diese Dinge auch weiterhin reibungslos ablaufen und spart sich seine Aufmerksamskeitskapazität für augenscheinlich Wichtigeres.“[5]

Meine vielen positiven Schritte und Momente hatte ich unter „normal“ verbucht, mein Fokus lag viel zu lang auf meinen Defiziten – den Momenten, in denen ich es nicht schaffte so zu sein, wie ich es mir wünschte. Doch mittlerweile sehe ich es wie eine Freundin: „Natürlich übe ich jeden Tag, arbeite an mir. Und ja, ich bin geduldiger als ich es noch vor einem Jahr war, ich bin heute besonnener als gestern (und morgen vielleicht wieder nicht?). Ich lerne jeden Tag dazu, ich bin achtsam(er) geworden, ich kann weiter atmen und ruhig bleiben. Ich habe viele gute Tage. Aber eben auch schlechte.“ 

Lernen mit den Kindern

Ich lerne mit den Kindern – ihnen muss ich zwölftrillionen Mal sagen, dass Aggressionen ok sind, aber Hauen keine Lösung; dass sie wüten dürfen, aber ihren Frust nicht an anderen ablassen sollen. Und mir auch.

Aber es fühlt sich fantastisch an, wenn mich das Mädchen nach einem entspannten Tag wie bei jenem Experiment fragt: „Mama, ist Dir eigentlich aufgefallen, dass ich heute gar nicht gemotzt habe?“ Und ich ihr sagen kann: „Ja, das ist mir sehr wohl aufgefallen. Hast Du bemerkt, dass ich heute auch nicht gemotzt habe?“

Wir bekommen allmählich ein Gefühl für unsere Gefühle, auch für die Negativen. Und eine positive Haltung dazu.

„Ich darf Fehler machen (wenngleich ich es so nicht mal nennen würde, Du weißt schon, das altbekannte Sprachproblem…), das hilft mir ja, voran zu kommen. Was ich nicht will, ist, mich darauf auszuruhen, zu sagen “Ach ja, ich kann es halt nicht!” Ich mache weiter und ich werde die, die ich sein will. Und wenn ich dann mal doof war, ist das eben so und ich lerne daraus. Ich bin mir gegenüber genauso liebevoll, nachsichtig, hilfsbereit, wie ich es meinen Mitmenschen gegenüber bin, wenn sie nicht weiter wissen. (Oder zumindest versuche ich es – und es gelingt mir mit der Zeit immer besser!)“ 

Schlussgedanke

Ich baue immer öfter Tage ein, an denen ich mir ganz bewusst vornehme, Alternativen zum Meckern zu finden. Auffallend ist, dass schon leichte Veränderungen in der Haltung, der Stimmlage, den Dialogen Wunder bewirken. Meine Gemütslage überträgt sich sehr zuverlässig auf meine Kinder (und natürlich mein gesamtes Umfeld). Ich kann also aktiv beeinflussen, in welche Stimmung ich meinen Gegenüber versetzen möchte.

Mich nicht der Sprache und der Verhaltensweisen zu bedienen, welche ich in meiner Kindheit gelernt habe, erfordert große Konzentration und ist furchtbar anstrengend. Wesentlich anstrengender und vor allem kräftezehrender sind aber die Auseinandersetzungen, die folgen, wenn ich doch in alte Muster verfalle. Der Aufwand mich zu fokussieren und bei mir zu bleiben lohnt sich also, vor allem weil ich damit die Bindung zu meinen Kindern erhalte.

Von meinem langen, zähen Weg aus der Bulimie, der mich viel Kraft und Tränen kostete, weiß ich dass ich mich von „Rückfällen“ nicht abschrecken lassen darf. Dass ich vieles in meinem Leben verändern kann, wenn ich es will, aber dass tiefschürfende Veränderungen nun mal Zeit und Geduld erfordern.

Aber es bedarf auch vieler guter Beispiele wie ich sie bei Freunden im „echten Leben“ beobachten darf und Erinnerungen aus dem „virtuellen Dorf“ wie die vom Blog Elternmorphose, welche mich zu meinem Experiment veranlasste.

Deswegen gebe ich die Aufforderung nun an Euch weiter: Versucht einen Tag lang nicht (mit Euren Kindern/ Eurem Partner/ wem auch immer) zu schimpfen. Bewusst nach anderen Wegen zu suchen. Klar und deutlich Stellung zu beziehen, wenn Eure Grenzen überschritten werden. Bedürfnisse zu äußern, wenn Ihr welche verspürt. Aber in keinem Fall Euren Frust, Eure Ungeduld, Eure Wut an Eurem Gegenüber abzuleiten. Das Resultat ist wirklich erstaunlich, Ihr werdet sehen.

Frieden

Footnotes    (↵ returns to text)

  1. Graf/ Seide: Der entspannte Weg durch Trotzphasen (2016), 106.
  2. Graf/ Seide: Der entspannte Weg durch Trotzphasen (2016), 22.
  3. Sunderland, Margot: Die neue Elternschule (2010), 106.
  4. Hahn, Britta: Mama, was schreist Du so laut? (2010), 31.
  5. Graf/ Seide: Der entspannte Weg durch Trotzphasen (2016), 134.
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