Was tun, wenn die Nachbarn sich ständig über Kinderlärm beschweren?

Kathrin Familienleben 15 Kommentare

Seit über einem Jahr – seit unserem Einzug im Oktober 2015 – befinden wir uns im Streit mit unseren Nachbarn, weil unsere Kinder angeblich zu laut sind. Das Hauptproblem ist ein Architektonisches, denn wir wohnen in einem Reihenhaus und eine gemeinsame Bodenplatte mit miserablem Trittschall verbindet unsere Wohnzimmer. Das bedeutet, dass die „andere“ Seite bereits ein kleines, zu Boden fallendes Spielzeug deutlich hört – ein wildes Fangspiel um den Esstisch erst Recht.

Nun ist es aber nicht so, dass unsere Nestlinge den ganzen Tag wie die Wilden rennen, schreien und toben. Es gibt Lärmspitzen in den Zeiten, in denen sie besonders energiegeladen sind – meist eine halbe Stunde am Morgen und kurz vor dem Schlafengehen. Und es gibt natürlich mal lautere Nachmittage, vor allem wenn wir Besuch empfangen. Jedoch sind wir zwischendurch oft ruhig, wenn wir beispielsweise lesen, kneten oder basteln und wir verbringen fast jeden Nachmittag in der Woche außerhalb unserer eigenen vier Wände. Von Dauerlärmbelastung kann also keineswegs die Rede sein.

Da ich aber gerne in Frieden mit meinem Umfeld und vor allem mit meinen direkten Nachbarn lebe, die sich nun mal vom ersten Tag an und zwar permanent von unserem „Gepolter“ belästigt fühlten, überlegten Thomas und ich, wie wir den Geräuschpegel reduzieren und das Problem lösen könnten.

Keine Ruhestörung in Ruhezeiten

Zunächst achteten wir verstärkt auf Ruhezeiten. Gesetzlich ist zwar lediglich eine Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr einzuhalten – eine Zeit, in der unsere Nestlinge in der Regel tief und fest schliefen – doch wir versuchten auch morgens bis 8/9 Uhr (an Sonntagen sogar noch länger) und mittags (zwischen 12 Uhr und 14 Uhr, wenn der Bub schlief) besonders leise zu spielen.

Schallschutzmaßnahmen

Obwohl unser Haus baulich für mehr Schallschutz verändert werden müsste, versuchten wir es mit kleinen Schallschutzmaßnahmen. Wir besorgten uns auf Wunsch der Nachbarn Treppenteppiche, damit sie uns beim Hinauf- und Hinabsteigen nicht mehr so deutlich hören. Wir kauften mehrere Wohnzimmerteppiche, denn Textilien schlucken bekanntlich Geräusche. Wir brachten Schaumstoff unter Esstisch und Sitzbänken an, weil wir glaubten, dass das hilft. Und wir sortierten besonders laute Spielzeuge, wie klappernde Nachziehtiere aus Holz, aus.

Nachbarschaftscafé

Da wir trotz dieser Maßnahmen und unserem Versuch die Kinder auszubremsen weiterhin mächtige Beschwerden kassierten, entwickelte ich die romantische Vorstellung, dass sich der Unfrieden mit den Nachbarn vielleicht durch ein Kennenlernen – ein nettes Gespräch bei Kaffee und Kuchen – klären ließe. Ich schrieb also hübsche Einladungen und buk einen leckeren Kuchen, aber leider erschienen nur die Parteien, mit denen wir uns bereits gut verstanden und die uns nicht für lärmende Monster hielten.

Persönliche Gespräche (Stichwort: Gewaltfreie Kommunikation)

Manchmal schickten unsere Nachbarn nur Klopfzeichen (gerne auch nachts, wenn der Bub weinte und sich nicht gleich beruhigen ließ), oft überraschten sie uns jedoch mitten am Tag mit einem verbalen Überfall an unserer Haustür oder auch auf offener Straße: „Sie sind/ waren aber wieder unfassbar laut! Geht das denn nicht leiser?“

Nun, wir bemühten uns wirklich leiser zu sein und sehr lange Zeit um ein nettes Miteinander. Wir grüßten freundlich auf der Straße und wir versuchten unsere Situation und unsere Gedanken immer wieder auf ruhige Art zu (er)klären.

Doch unsere Nachbarn kritisierten uns weiterhin, sie taten zudem so, als wären wir Luft. Es sei denn, sie wollten uns mal wieder zu verstehen geben wie aufdringlich laut wie wir sind. Dann griffen sie zu gewaschenen, verbalen Ohrfeigen wie: Wir haben uns in unserem Haus so wohl gefühlt, bevor Sie eingezogen sind, aber jetzt liegen unsere Nerven blank!“

Unterstützung vom Vermieter

Da der Ton unserer Nachbarn trotz aller Bemühungen unsererseits nicht freundlicher wurde und sie im Gegenteil mit einer Beschwerde bei den Vermietern drohten, kam ich ihnen zuvor. Ich rief unsere Vermieter an (ihnen gehört unser Haus und das der Nachbarn) und schilderte das Problem. Sie beruhigten uns, dass sie ganz auf unserer Seite seien und bewusst eine Familie mit Kindern ins Haus ziehen ließen, „damit wieder etwas Leben in die Gegend kommt.“ Allerdings legten sie uns ans Herz, weiterhin Rücksicht zu nehmen, was wir natürlich nach wie vor taten.

Lieber Streit mit den Nachbarn, als mit den Kindern!

Ich dachte immer, nörgelnde Nachbarn könnten mir nichts anhaben und ich würde Kritik dieser Art einfach abschütteln wie ein Hund den Regen. Doch ich hatte mich leider geirrt. Bei jedem Gegenstand, der auf den Boden fiel, bei jedem Hopser und Jauchzer meiner Kinder musste ich unweigerlich an die Nachbarn denken. Ich war so sensibilisiert, dass ich den Nestlingen sogar eines Tages das Klavierspielen verbot. Mitten am Tag…

Doch ich besann mich. Ich wollte lieber Streit mit den Nachbarn führen, als mit unseren Kindern. Das Mädchen hatte nämlich schnell gemerkt, dass Lautstärke eine sensible Angelegenheit in unserem neuen Hause ist und fing bei Streit an, mit der Tür zu knallen oder auf dem Mülleimer zu trommeln so nach dem Motto „Dann mache ich eben Krach!“. Statt meinem Impuls zu folgen und sie der Nachbarn wegen davon abzuhalten, ließ ich sie machen, so dass diese Methode für sie schnell an Reiz verlor. Zum Glück, denn es hätte ja auch zum ewigen Reizthema in unserer Familie werden können und das waren mir die Nachbarn definitiv nicht wert.

Tür zu, Nachbarn maultot!

Als wir nach unserer New-York-Reise wieder Heim kamen, hatte ich so viel Abstand gewonnen, dass ich den ganzen Ärger einfach nur vergessen wollte. „Schwamm drüber!“ dachte ich und ich glaubte tatsächlich, dass unsere Nachbarn nach der fünfwöchigen Ruhepause ähnlich gelassen reagieren würden. Doch ich irrte mich abermals, denn sie schauten bei unserer ersten Begegnung wieder angestrengt weg.

Obendrein besaß der Nachbar die Frechheit zwei Tage später wegen Ruhestörung bei uns zu klingeln. Erst nicht grüßen und dann unserem Mädchen (das die Tür geöffnet hatte) in einem gespielt freundlichen Ton erklären, dass es doch bitte leiser spielen möge. Das brachte mein Nachbarschaftsfass vollends zum Überlaufen. Ich stürmte zum Eingang, versprühte Zornesblicke und knallte ihm die Tür mit voller Wucht vor der Nase zu. Meine gewaltfreien Worte – meine freundlichen Kommunikationsversuche – hatte er nicht verstanden, aber diese Geste anscheinend wohl, denn er hat bis heute nicht mehr bei uns geklingelt.

Ich kenne meine Rechte

Für den Teil in mir, der sich gerne mit den Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung versteht, ist die aktuelle Situation mit den Nachbarn höchst unbefriedigend. Doch wir haben alles in unserer Macht stehende versucht – ohne den leisesten Erfolg und ohne den geringsten Willen von der „anderen“ Seite uns näher zu kommen oder uns zu verstehen.

Wir können weder die Bausubstanz verändern, noch unsere Nachbarn. Aber wir wollen uns auch nicht einreden lassen, dass wir nicht ok sind so wie wir sind. Wir sind eine Familie mit zwei Kindern und da gehört ein gewisser Geräuschpegel nun mal dazu. Glücklicherweise ist das Gesetz diesbezüglich ganz auf unserer Seite:

„Auch gegen Kinderlärm, der bisweilen die Zimmerlautstärke deutlich überschreitet, kann der geplagte Mieter grundsätzlich nichts unternehmen. Lärm gehört nämlich zur normalen Entwicklung von Kindern und ist eine eigene Ausdrucksform ihres Spiel- und Mitteilungsdrangs. Außerdem lassen sich gerade kleine Kinder und Babys nicht davon abhalten, auch mal lauthals loszuschreien“ (Rechtstipps Lärmbelästigung).

Schlussgedanke

Fast ein Jahr lang habe ich gehofft, dass sich unser Streit klären lässt und unsere Nachbarn uns irgendwann mit mehr Verständnis und Nachsicht begegnen. Dass sie merken, dass wir hier nicht mutwillig Mobiliar umwerfen, um sie absichtlich zu ärgern, sondern dass die verbindende Bauweise unserer Häuser einen erheblichen Teil zur „Lärmbelästigung“ beiträgt. Dass ihnen auffällt wie oft es in unserem Hause mucksmäuschenstill ist und sie deswegen gelassen über unsere überschaubaren Lärmspitzen hinwegsehen. Und dass sie sich als Eltern (ihr Sohn ist bereits erwachsen) vielleicht daran erinnern, welchen Geräuschpegel Kinder beim ausgelassenen Spiel erreichen können. Hoffnungslos.

„Wo auch immer du bist, sei total da. Wenn du in einer Situation bist, die du nicht magst, dann hast du drei Möglichkeiten: verlasse die Situation, verändere die Situation oder akzeptiere die Situation vollkommen.“Eckhart Tolle

Am liebsten würde ich samt unserem hübschen Haus und Garten auf ein freistehendes Feld ziehen, damit sich kein Mensch dieser Erde je wieder von unseren Kindern akustisch belästigt fühlt. Doch ich kann uns weder ein freies Feld her-, noch die Nachbarn wegzaubern, bleibt mir also nichts anderes übrig, als die Situation zu akzeptieren. Das gelingt mir übrigens wesentlich besser, seit dem die Nachbarn uns mit ihren geklopften und gesprochenen Beschwerden verschonen. Seitdem sie uns in Ruhe lassen.

Ich widme dem Thema mittlerweile nur noch wenig Augenmerk und ich kämpfe auch nicht mehr für den Nachbarschaftsfrieden. Das ist verlorene Liebesmüh und kostet mich zuviel Energie. Die investiere ich lieber in unsere Kinder. In wilde Lauf-, Fang- und Kitzelspiele, ins Toben, in Kissenschlachten und ins Musizieren mit Töpfen und Pfannen als Schlagzeug 😉

„Menschen, die ohne Kinder [leben], könnten sich wieder an die selbstverständliche Anwesenheit von Kindern gewöhnen. Sie könnten aushalten lernen, dass Kinder auch Teil unserer Gesellschaft sind und trotz aller Erziehungsbemühungen mal geräuschvoll sein können.“Patricia Cammarata
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